Roger Willemsen-Nachlass in der Akademie der Künste
Roger Willemsen im Dokumentarfilm »Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit« (2011)
Er war in erster Linie Schriftsteller (davon zeugen über dreißig Bücher), vielen bekannt allerdings eher als Moderator von Fernsehsendungen wie »Willemsens Woche« oder »0137«. Diese Reihe mit langen Gesprächen, ausgestrahlt auf dem Bezahlfernsehsender Premiere (heute Sky), aber frei empfangbar, machte ihn ab 1991 einem größeren Publikum bekannt, die Bandbreite reichte von Audrey Hepburn zu Jassir Arafat und im Gefängnis sitzenden Mitgliedern der Rote Armee Fraktion.
Später erweiterte er seine Moderatorentätigkeit auch auf Radiosendungen und Bühnenauftritte. Empathie und Neugier, seine einfühlsame Gesprächsführung und seine rhetorische Begabung machten den 2016 verstorbenen Roger Willemsen zu einer herausragenden Persönlichkeit – ein workaholic, der Honorare und Preisgelder immer wieder für humanitäre Zwecke spendete und sich selber engagierte, für die Gefangenen von Guantanamo und immer wieder für Afghanistan.
Jetzt hat die Akademie der Künste in Berlin seinen Nachlass übernommen und würdigte dies mit einer Veranstaltung, bei der Freund*innen und Weggefährt*innen zu Wort kamen. Gleichzeitig konnte man an diesem Abend in drei Vitrinen erstmals einige Objekte aus dem Nachlass sehen. Darunter befand sich ein Heft, in dem er zu seiner Studienzeit systematisch Notizen über deutsche Schriftsteller gemacht hatte, aber auch ein »Traumtagebuch 18.12.1973-15.5.91«. Insgesamt 108 Archivkisten, 152 Aktenordner und 2.250 audiovisuelle Materialien umfasst die Sammlung, die von der Nachlassverwalterin, der Literaturkritikerin Insa Wilke, übergeben wurde – ein lesenswertes Gespräch mit ihr dazu findet sich auf der website der AdK.
Auch für den Bereich Film ist diese Sammlung nicht ohne Bedeutung. Ich denke dabei weniger an den Film »Valerie«, 1991 von Josef Rusnak mit Franka Potente nach seinem Roman »Kleine Lichter« inszeniert, als an seine eigenen Arbeiten, angefangen mit den für »0137« geführten Interviews (das mit Audrey Hepburn soll ihr letztes Fernsehinterview sein), über die zahlreichen Gäste aus diesem Bereich bei »Willemsens Woche« oder den Porträts von Robert Altman und John Malkovich, die er für »Willemsens Zeitgenossen« drehte. Als Autor und Regisseur würdigte er in seinem Dokumentarfilm »Non Stop – Eine Reise mit Michel Petrucciani« (1996) den befreundeten Pianisten und war als Mitproduzent und Gesprächspartner an einem weiteren Dokumentarfilm über ihn beteiligt (»Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit«, 2011; R: Michael Radford). Nicht zu vergessen: die ausführlichen Gespräche, die er 2001 mit Wim Wenders für eine Werkausgabe von dessen Filmen auf DVD führte. Die audiovisuellen Beiträge liegen in den verschiedensten Formaten vor, wie es auf Nachfrage hieß, glücklicherweise besitzt die Akademie noch die entsprechenden Abspielgeräte, so für Betacam-Cassetten. Da Roger Willemsens eigene Produktionsfirma Noa-Noa einen nicht geringen Teil seiner Sendungen produzierte, liegen diese Beiträge auch als Masterbänder vor. Auf die Erschließung darf man sich also freuen.
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