Kritik zu Es ist nur eine Phase, Hase

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Florian Gallenberger hat das »Trostbuch« der langährigen »Berliner Zeitung«-Kolumnisten Jochen-Martin Gutsch und Maxim Leo verfilmt 

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Eigentlich ist Paul ein besonnener Mensch. Dass ihn etwas völlig aus der Fassung bringt, ist kaum vorstellbar. Doch genau das passiert bei der Feier zum 50. Geburtstag einer der besten Freundinnen seiner Frau Emilia. Nachdem ihn Heike, das Geburtstagskind, erst bedrängt und dann vor allen Gästen bloßgestellt hat, verliert Paul die Beherrschung und fängt an, die Partygesellschaft wüst zu beschimpfen. In seiner Tirade wirft er der versammelten Schar von Frauen und Männern im besten Alter vor, dass sie der Realität nicht ins Auge blicken wollen, dass sie ihr Alter nicht akzeptieren. Seine Vorwürfe treffen genau ins Schwarze. Nun müsste sich der von Christoph Maria Herbst gespielte Paul umdrehen und einfach weggehen.

Doch so einen Triumph gönnt Florian Gallenberger seinem Helden nicht. Stattdessen muss sich Paul in einen slapstickhaften Kampf mit Luftballons verstricken, aus dem er nur als Verlierer hervorgehen kann. Und genau das ist symptomatisch für Gallenbergers filmische Annäherung an Jochen-Martin Gutschs und Maxim Leos Bestseller »Es ist nur eine Phase, Hase«. Paul und Emilia (Christiane Paul), die nach zwanzig Jahren Ehe in eine Krise geraten sind und beschließen, sich erst mal nur auf Probe zu trennen, geben dem Film zwar ein emotionales Zentrum. Aber letztlich ist ihre Geschichte nur ein Vorwand, möglichst viele Szenen und Situationen aneinanderzureihen, in denen sich Menschen um die 50 lächerlich machen.

Ausgehend von Gutschs und Leos Idee, dass auf die Pubertät etwa 30 Jahre später die Alterspubertät folgt, hat Gallenberger eine Komödie gedreht, die sich nicht nur im Geiste hemmungslos bei den Teenie-Gross-out-Komödien der frühen 2000er Jahre bedient. Witzig ist, was peinlich ist. Also landet gleich zu Beginn eine Metallkugel im Allerwertesten von Paul.

Das alles wäre kaum der Rede wert. Schließlich hat Gallenberger nicht ganz unrecht. Es gibt eine Sehnsucht gerade der 40- bis 60-Jährigen, die eigene Jugend bis ins Alter zu verlängern. Doch was diese Ansammlung alterspubertärer Gags und Zoten wirklich unangenehm macht, ist der wertkonservative bis reaktionäre Unterton des Films. Paul, Emilia und die anderen, zu denen auch Jürgen Vogel als Pauls bester Kumpel Theo gehört, müssen nicht nur lernen, ihr Alter zu akzeptieren. Am Ende steht vielmehr die Erkenntnis, dass »Bis dass der Tod euch scheidet« immer noch gilt.

Natürlich verkörpern Christiane Paul und Christoph Maria Herbst ein ideales Paar, bei dem man sich von Anfang an wünscht, dass sie wieder zusammenfinden. Aber auch das entkräftet nicht Gallenbergers Aussage. Denn selbst Theo muss nach zahllosen Affären mit Frauen, die etwa halb so alt sind wie er, von den Freuden einer monogamen Beziehung samt Vaterschaft überwältigt werden. Das Glück finden Menschen eben nur, wenn sie Nachkommen haben und im sicheren Hafen der Kleinfamilie anlegen. »Es ist nur eine Phase, Hase« spielt zwar im Köln unserer Tage, aber man könnte meinen, dass wir zurück im biedermeierlichen 19. Jahrhundert sind.

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