Berlinale: Protest und kultureller Austausch auf den Leinwänden
»Langue Étrangère« (2024). © Les Films de Pierre
Der Film »Langue Étrangère« erzählt von Jugendbewegungen und deutsch-französischer Freundschaft, »Dahomey« und »Black Tea« sorgen für globale Perspektiven
Ob Fridays for Future oder Demonstrationen gegen rechts, Protest und politisches Engagement sind bei Jugendlichen wieder verstärkt im Fokus. Die deutsch-französische Koproduktion »Langue Étrangère« scheint daher perfekt in die aktuelle Berlinale zu passen. Obwohl es darin gar nicht so direkt um diese Themen geht. Im Mittelpunkt stehen Fanny aus Straßburg und Lena aus Leipzig, die sich über einen Schüleraustausch kennenlernen. Anfänglich fremdeln sie noch miteinander, doch nach und nach entsteht zunächst Freundschaft und schließlich sogar mehr. Selbstfindung, Liebe, Konflikte in der Schule und innerhalb der Familie: zunächst einmal ist »Langue Étrangère« ein klassischer Coming-of-Age-Film.
Regisseurin Claire Burger schlägt aber gleichzeitig einen Bogen zu aktuellen Protesten und Jugendbewegungen. Lena ist bei Fridays for Future aktiv, fühlt sich in ihrer Rolle aber noch unsicher. Fanny wiederum kam zuletzt mit dem Schwarzen Block in Frankreich in Berührung und ist geprägt durch ihre Eltern, die im Europäischen Parlament sitzen, sowie durch die Rassismus-Erfahrungen, die sie aufgrund ihrer arabischen Wurzeln machen musste. Ganz von selbst ergeben sich Vergleiche zwischen der politischen Situation in Deutschland und der in Frankreich sowie den dortigen Jugendbewegungen. Auch die Demonstrationen in der DDR werden angerissen. Lenas Mutter, grandios gespielt von Nina Hoss, war damals Aktivistin, hat ihren gesellschaftlichen Kampfgeist aber mittlerweile gegen resigniertes Weintrinken eingetauscht.
Auf der Pressekonferenz zum Film wurde Claire Burger gefragt, ob Filme aktuell politischer werden. Burger antwortete, dass die Darstellung von Politik im Film sehr schwierig sei und diese oft eher im Hintergrund mitschwinge. Tatsächlich funktioniert auch »Langue Étrangère« gerade dann gut, wenn die politische Ebene nicht explizit angesprochen wird. Die Sorgen um den Klimawandel oder den aufkommenden Faschismus sind bei den Protagonistinnen trotzdem immer präsent. Damit stehen sie beispielhaft für viele Jugendliche aktuell.
Darüber hinaus ist »Langue Étrangère« auch ein Film über deutsch-französische Freundschaft und die Überwindung von kulturellen und sprachlichen Barrieren. Fanny spricht schlecht deutsch, Lena tut sich mit dem Französischen schwer, aber das Zusammenfinden gelingt trotzdem. Wie verbindend ein solcher Film sein kann, zeigte sich auch während der Pressekonferenz, wo die Beteiligten bei ihren Ausführungen immer wieder zwischen Englisch, Französisch und Deutsch hin und her wechselten.
Ein politisch wie kulturell brisantes Thema behandelt Mati Diops Dokumentarfilm »Dahomey«. Die französische Regisseurin mit senegalesischen Wurzeln thematisiert darin die Rückführung von 26 Schätzen des Königreichs Dahomey, die einst von Frankreich geraubt wurden und nun nach Afrika zurückkehren. Dabei schafft Diop es, die Bedeutung dieser Schätze für die afrikanische Kultur deutlich zu machen. Und klarzustellen, dass diese Rückgabe nur der Anfang sein kann.
Diops Film steht in einer Reihe von Werken auf der Berlinale, die den Blick weg von der westlichen Welt hin zu globalen Perspektiven lenken. Zu diesen Filmen zählt auch »Black Tea« von Abderrahmane Sissako. Er erzählt von einer ivorischen Frau, die ihre Hochzeit absagt und nach China auswandert, wo sie sich schließlich in einen älteren chinesischen Mann verliebt. Ein Aufeinandertreffen der Kulturen fernab von Deutschland und Europa.
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