Kritik zu Yume

© Kunsthochschule für Medien Köln

2010
Original-Titel: 
Yume
Filmstart in Deutschland: 
23.09.2011
L: 
65 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Wege raus aus der Tradition: Drei junge Frauen von drei verschiedenen Kontinenten beobachten Annkatrin Hausmann und Shirin Saghaie von der Kölner Kunsthochschule für Medien in ihrer gemeinsamen Abschlussarbeit

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Manche Filmorte sind schon beim ersten Blick altvertraut. Die vom tropischen Regen verblichene Terrasse mit Schaukelstühlen und Weitblick etwa kann eigentlich nur über Havanna schauen. Der weite Busbahnhof mit den Bergen im Hintergrund muss in Teheran sein. Und die Wolkenkratzerschluchten mit blitzender Leuchtreklame – Tokio, oder? Stimmt alles, obwohl die Regisseurinnen von Yume hier, zu Anfang des Films, eine kleine Falle gelegt haben: Denn der Vorspann mit Vogelblick auf kreuzende Menschen mit pastellbunten Regenschirmen assoziiert als Referenz an die europäische Filmgeschichte einige zauberhaft schöne Sekunden lang Jacques Demys Les Parapluies de Cherbourg, bevor dann klar wird, dass die Dimensionen der Straßenkreuzung doch eher metropolitaner als kleinstadtfranzösischer Provenienz sind.

Sonst kommt Europa nicht vor: Drei junge Frauen aus drei Weltstädten versammelt Yume. Alle drei kommen aus eher mittelständischen Familien, sind aber mangels Möglichkeiten gezwungen, noch bei ihren Eltern zu leben. Und sie versuchen mit Energie, dennoch ihr eigenes Ding durchzuziehen. Tonko in Tokio hat sich Musik und Gesang verschrieben. Talent hat sie reichlich, doch der Weg ins Profigeschäft ist schmal und verstellt – so baut sie wie viele andere neben ihr die im Einkaufstrolley angekarrte Technik auf dem Bürgersteig auf, um beim Playback-Gesang für Passanten selbstgebrannte CDs zu verkaufen. Ayin in Teheran trainiert Kickboxen ohne Chance auf berufliche Realisation, in der Freizeit im Café wird mit den Freundinnen darüber abgelästert, dass Frauen die grassierenden sexuellen Übergriffe bei der Polizei kaum anzeigen können, weil der Vorwurf gleich auf sie zurückfällt. Wie Tonko ist auch sie solo. Und in der engen Dachwohnung mit der Weitblickterrasse über Havanna wartet die Videokünstlerin Analía mit ihrem Vater auf die erhoffte Ausreise. Sie hat sich beim Studium in Schottland in einen Chilenen verliebt und von den drei Frauen erst mal die klarste Perspektive auf Änderung der beschränkten Situation: Wie vielen andere im Land will sie auswandern, wird aber von der Mutter unter emotionalen Druck gesetzt.

Die Filmemacherinnen beobachten ihre Heldinnen im Alltag und bei atmosphärischen Reisen durch die jeweiligen Stadtlandschaften, zusätzlich wurden Gespräche mit den Eltern inszeniert, deren Positionen zwischen versuchtem Verständnis und latenter Feindseligkeit oszillieren. Dabei spielen auch traditionelle Rollenerwartungen an die Frauen eine große Rolle. Das alles ist im Einzelnen durchaus sehenswert, kann als Filmganzes aber nicht komplett überzeugen. Bei den einzelnen Figuren verstellt zu starke Aufmerksamkeit auf die regionaltypisch stereotype (und vorhersehbare) Konfliktsituation den Blick auf ihre lebendige Eigenständigkeit. Und in Materialauswahl und Montage gelingt es über die erwähnten Gemeinsamkeiten der Lebenswege hinaus nicht, eine stringente und dichte Argumentation zu erzeugen. So stehen die einzelnen Stränge eher statisch nebeneinander – und das passt dann gar nicht so schlecht zu Tonkos und Ayins in Aktivismus erstarrter Situation.

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