Kritik zu Wolverine: Weg des Kriegers
In seinem zweiten Solo-Abenteuer gerät Wolverine, nicht zuletzt dank Hugh Jackman der attraktivste Mutant der X-Men, nach Japan und ins Zentrum eines familiären Machtkampfs
Zing! Im Grunde wartet man bei Wolverine immer nur darauf, dass ihm der zivilisatorische Geduldsfaden reißt und er seine Krallen ausfährt. Halb Mensch, halb animalischer Wilder, ist Mutant Logan der attraktivste Charakter der X-Men-Familie. Doch das Potenzial des Rowdys kann sich auch im zweiten Wolverine-Ableger der X-Men-Serie nicht entfalten. James Mangold serviert ein recht dünnes Scheibchen jener Dauerwurst, als die sich die Verfilmung der Saga in 13 Jahren Laufzeit entpuppt hat. Inhaltlich geht es in Logans zweitem Soloabenteuer um den Übergang von Marvel-Girl Jean Grey, die er in X-Men: Der letzte Widerstand töten musste, zum nächsten »Love Interest« Mariko Yashida. Logan, Kriegsgefangener im Zweiten Weltkrieg, hatte ihrem Großvater, einem japanischen Soldaten, das Leben gerettet. Jahrzehnte später lässt der sieche Yashida, zum Milliardär aufgestiegen, seinen Retter durch Adoptivtochter Yukio nach Japan lotsen. Logan wird unfreiwillig zum Zentrum eines familiären Machtkampfs von shakespearescher Theatralik, der zusätzlich von jener Frankensteingenetik angeheizt wird, die zu immer neuen Kapriolen im XMen-Bestand führt.
Mangold (Walk the Line) erweist sich erneut als passabler Regiehandwerker. Sein Film ist der erste der Serie, der fast gänzlich außerhalb der USA spielt. Unauffällig erdet er, angefangen vom Atombombenabwurf 1945, die Fantasy-Story mit kulturellem und historischem Hintergrund. Er hat zwar nicht den Gestaltungswillen von Bryan Singer, der mit den ersten beiden X-Men-Filmen den realistischen Look und den alarmistischen Ton der Reihe prägte. Doch es gelingt ihm, das Wimmelbild durchschaubar zu machen. Und das ist nicht wenig; neben Horden von Yakuzas und Ninjas musste in der Handlung auch eine scharfe Blondine – der erste Auftritt von Mutantin Viper – sowie Mutant »Silver Samurai« untergebracht werden.
Emotionen und Koalitionen wirken aber willkürlich, die Scharmützel so kurzatmig wie Storyhäppchen im Comicheft. Entsprechend brüchig ist der rote Faden dieses Trips, bei dem viel Gewese um Logans Unsterblichkeit gemacht wird, aber die Intrigen wenig Sinn ergeben. Die Action-Highlights – eine Verfolgungsjagd auf einem Schnellzug und eine Fesselung à la Gulliver – sind imposant. Doch über die bloße Aneinanderreihung von Schauwerten hinaus hält wenig das Interesse wach. Das liegt am Hauptakteur selbst, dem gründlich der Schneid abgekauft wird. Hugh Jackman hat zwar seinen Body mächtig getunt, läuft aber so waidwund durch das Geschehen wie Jean Valjean in Les Misérables. Anfangs noch ein kerniger Waldschrat, der sich aus Gram in der Wildnis verkrochen hat, wird Wolverine durch Alpträume und die giftige Viper seiner Unverwundbarkeit beraubt.
Doch braucht man nach Batman & Co. wirklich noch einen weiteren larmoyanten Superhelden? Besonders abtörnend ist die Idee, eine weichgezeichnete Tote im Negligé zu präsentieren, die Logan aus dem Jenseits Ratschläge gibt, bevor sie endlich »ins Licht« geht. Zu hastig abgehakt wird stattdessen die Intervention von Femme fatale Viper, die als erotische Versuchung glatt verschenkt ist. Wo bleibt hier der Spaß? Wolverines »Zing« wird jedenfalls schmerzlich vermisst.
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