Kritik zu Watching You – Die Welt von Palantir und Alex Karp
Klaus Stern versucht ein Porträt des US-Unternehmers Alex Karp, der mit »Palantir Technologies« eine umstrittene Datenanalyse-Software geschaffen hat
Was macht man, wenn man einen Dokumentarfilm drehen will, das Objekt der Recherche sich aber beständig entzieht? Man dokumentiert den immer wieder scheiternden Versuch. Michael Moores »Roger and Me« hat es einst vorgemacht. Zwischen den Versuchen bleibt genug Raum, um über die Machenschaften von Palantir zu berichten, Freund und Feind zu befragen und offenzulegen, was kaum jemand weiß, man aber jederzeit googeln könnte.
Denn diese Firma, Palantir, benannt nach den stehenden Steinen in J. R. R. Tolkiens »Herr der Ringe«, ist weder eindeutig gut noch eindeutig schlecht. Gegründet von dem linksorientierten Amerikaner Alex Karp, der am Frankfurter Sigmund-Freud-Institut promoviert wurde, und dem rechtsorientierten deutsch-amerikanischen Milliardär Peter Thiel, schuf Palantir eine Datenanalyse-Software, die als Überwachungsmethode sowohl dazu in der Lage ist, Verbrechen zu bekämpfen als auch einen gläsernen Bürger herzustellen. Sie wird nicht nur von amerikanischen Geheimdiensten genutzt, sondern unter anderem auch vom Innenministerium und der Polizei in Hessen sowie dem Landeskriminalamt in NRW und der Polizei in Bayern. Palantirs Macht kann man nur schätzen, es heißt aber, die Software könne man auch zum gezielten Töten verwenden.
Der hessische Filmemacher Klaus Stern ist mit derlei Themen vertraut. Verschiedentlich hat er Unternehmer mit der Kamera begleitet und ist dafür ausgezeichnet worden. In »Watching You« nun versucht er Alex Karp, den »Big Brother« der internationalen Geheimdienste, zu porträtieren, was immer wieder misslingt. Freundlich wehrt man ihn ab, vertröstet ihn auf spätere Augenblicke oder lässt ihn minutenlang dabei zuschauen, wie Karp versucht, sich eine überdimensionale Zigarre anzuzünden. Diese Bilder allerdings stammen aus einem früheren Filmprojekt.
Das Problem von Sterns Film liegt aber nicht darin, keine brauchbaren Statements von Karp persönlich zu bekommen. Zu zahlreich sind die dokumentierten Auftritte in Talkshows und auf Podien. Das Material ist eher zu üppig als zu knapp. Vielmehr fehlt dem Film eine klare Ausrichtung. Will er nun warnen, vor einem Machtapparat, der eine umfassende Datensammlung zu nutzen versteht? Oder will er einen Unternehmer verteidigen, der auf der Grundlage der Gesetze Geschäfte mit dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen macht? Dazu kommt, dass Stern auf jeden Off-Text verzichtet, oft nur spärlich Zeit und Ort der einzelnen Szenen benennt und bei dem ohnehin komplexen Thema in seinen Zeitsprüngen eher für Verwirrung sorgt. Immer wieder brechen die gefundenen Statements an den Stellen ab, wo existenzielle Fragen auftauchen. Oft weiß man gar nicht, was die jeweilige Aussage eigentlich bedeuten soll, denn auf der Suche nach filmischer Spannung enthält Stern dem Zuschauer gewisse Erkenntnisse so lange vor, bis man nicht mehr weiß, warum das überhaupt relevant war. »Derzeit ist Palantir ein wichtiger Partner der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland«, heißt es, und auch dabei weiß man nicht, was genau die Firma eigentlich macht.
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