Kritik zu Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung

Trailer englisch © 20th Century Fox

1999
Original-Titel: 
Star Wars: Episode I – The Phantom Menace
Filmstart in Deutschland: 
19.08.1999
L: 
136 Min
FSK: 
6
Bewertung: 2
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Das Warten hat ein Ende. Es dürfte wohl kaum jemanden geben, der in den letzten Wochen, Monaten, Jahren nichts von »Star Wars: Episode I« gehört hätte. Von all der geschickt kultivierten Hype soll hier aber nicht mehr die Rede sein, denn jetzt ist der Film da, und so lautet die wichtigste Frage: Ist er sehenswert, macht er Spaß? Ganz eindeutig lässt sich das allerdings nicht beantworten – man könnte sagen: »Episode I« ist nicht sehenswert, ist streckenweise schlicht langweilig, weil erstaunlich viel geredet wird, die Geschichte aber gerade im Vergleich mit den bisherigen »Star Wars«-Filmen beleidigend lieblos ausgedacht ist – obwohl schon bei den alten Folgen die Storys eher belächelt wurden. Aber stellenweise hatte man durchaus seinen Spaß.

»Episode 1«, der ja als erstes von drei Prequels zu den alten »Star Wars«-Teilen konzipiert ist, erzählt vom Kampf der Jedi-Ritter Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) und Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) gegen ein intrigantes Handelsimperium, das den Planeten Naboo in seinen Besitz bringen und dessen Bewohner ausrotten will. Was immer man im Internet oder in der US-Presse an flachen soziologischen Interpretationen gelesen hat, die diesen Kampf als Parabel auf reale kapitalistische Wirtschaftskämpfe des irdischen Welthandels sehen, sollte man schnell vergessen. Man spräche der Geschichte damit eine Dichte zu, die sie nicht hat. Lucas scheint vielmehr gar keinen Hehl daraus zu machen, dass sie ihm nur als Verbindungselement für eine Reihe mehr oder minder unterhaltsamer Actionszenen dient.

Auffälliger ist schon eher, wie Gut und Böse über sprachliche Akzente und Dialekte definiert werden. So sprechen die Guten sauber und akzentfrei, während die Bösen entweder einen französischen (im Original asiatischen) oder, wie der hinterhältige Ersatzteilhändler, einen orientalischen Akzent haben. Die fragwürdigste Charakterisierung erfährt indes das Alien Jar Jar Binks (laut Obi-Wan »eine primitive Lebensform«), der dümmliche, leidlich witzige sidekick der zwei Helden. Er spricht in einem Tonfall, der stark an die (klischeehafte) Sprachfärbung schwarzer Sklaven denken lässt. Vielleicht wird auch deshalb von Fans im Internet nachdrücklich gefordert, diese Figur in den kommenden Teilen nicht wieder auftauchen zu lassen. Freilich muss man auch diese Sichtweise nicht allzu ernst nehmen, denn der Film ist ein Sammelsurium an Zeichen und Symbolen, die man beliebig zusammensetzen und deuten kann. Nur wird keine der Anspielungen wirklich zu Ende gedacht. Warum zum Beispiel tragen die bösen französisch-sprechendenen Aliens Hüte, die verdächtig nach katholisch-klerikalen Kopfbedeckungen aussehen?

Da sich »Episode I«, wie gesagt, als Prequel versteht, tauchen ein paar Charaktere auf, die wir bereits kennen. Da wäre zum Beispiel der Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi, der in Teil IV & V sehr charismatisch von Sir Alec Guiness verkörpert wurde und hier von dem erschreckend farblosen Ewan McGregor gespielt wird. Obi-Wan ist in »Episode I« noch ein Jedi-Lehrling – und mehr erfahren wir auch nicht über ihn. Ein wenig besser schneidet in dieser Hinsicht der kleine Anakin Skywalker (Jake Lloyd) ab, der später einmal zum legendären Darth Vader mutiert. Da man weiß, was aus ihm wird, sucht man nach Zeichen und Spuren, die auf seinen bösen Charakter hinweisen. Auf den ersten Blick findet sich da nichts, aber womöglich hat Lucas hier die einzige subtile Idee gehabt, wenn er Anakin immer wieder sagen lässt: »Mir ist so kalt« – als würde die kalte, böse Seite seines Charakters sich langsam in ihm ausbreiten.

Ansonsten wird der Film von einer Unmenge altbacken gestalteter Aliens und einer Hand voll menschlicher Darsteller bevölkert, wobei die computergenerierten Figuren sich wesentlich lockerer bewegen als die Menschen – vielleicht, weil einem Computerwesen jeder noch so kindische Dialog egal ist. Die Perfektion, mit der diese Figuren neben die realen Schauspieler gestellt werden, ist überaus beeindruckend, ja womöglich ist die technische Perfektion überhaupt das beeindruckendste an »Episode I«. Was die Interaktion von Menschen und Computerfiguren betrifft, setzt Lucas in der Tat neue Maßstäbe, aber das ist auch das Mindeste, was man erwarten kann von einem Science-Fiction-Regisseur, der nach 22 Jahren einen neuen Film vorlegt und sich in der Zwischenzeit auf die Entwicklung technischer Innovationen beschränkt hatte.

»Lucas will die Zeit schlucken, verschwinden lassen«, schrieb Fritz Göttler in »steadycam«, und »sein neuer »Star Wars« sieht genauso aus wie der erste.« Tatsächlich sieht »Episode I«, von der tricktechnischen Überlegenheit abgesehen, aus wie »Star Wars«, als hätte es dazwischen keine anderen Science-Fiction-Filme gegeben. Nur wirkt er eben einfach nicht so gut wie der vierte, fünfte oder sechste Teil. Ihm fehlt das Wilde und Übermütige, die Spiel- und Fabulierlust. Und das ist schon deprimierend bei einem Mann, von dem man dachte, er würde nun all die erzählerische Energie ausbreiten, die sich in 22 Jahren angestaut hat. Man denke zum Vergleich nur an Terrence Malick, der nach 20-jähriger Abwesenheit einen überaus kraftvollen Film vorgelegt hat, oder an Kubrick, dessen lange erwarteter »Eyes Wide Shut«, glaubt man den ersten Kritiken, die großen Erwartungen erfüllt. Die Geschichte von »Episode I« hingegen wirkt, als hätte man die erste halbe Stunde eines Zwei-Stunden-Films auf 132 Minuten gestreckt – es gilt ja auch, noch zwei weitere Prequels mit Inhalt zu füllen. So ist der Film dann doch nur eine weitere große Geldmaschine, was ja nicht weiter schlimm wäre, hätte Lucas nicht unsere Erwartung geschürt, die Fortführung eines Mythos miterleben zu dürfen. Und als reiner Summer-Blockbuster bringt »Episode I« dann doch zu wenig Spaß fürs Geld. Da gibt es ein packendes, aber viel zu kurzes (Raum-)Wagenrennen und ein Laserschwert-Duell zwischen Obi-Wan, Qui-Gon und dem teuflisch aussehenden Darth Maul, der zwar prominent das Filmplakat ziert, aber in diesem Kampf seinen einzigen großen Auftritt hat. Trotz alldem wird der Film hervorragend laufen – wir sind schließlich alle Opfer der Hype-Maschine.

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