Kritik zu Plötzlich Familie

© Paramount Pictures

Mark Wahlberg und Rose Byrne in einer überraschend ernsten Komödie über ein Ehepaar, das drei nicht ganz einfache Pflegekinder aufnimmt

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Beim Begriff »Pflegefamilie« denkt man für gewöhnlich als Erstes an die Kinder, die bei (zunächst) fremden Menschen aufwachsen müssen. Die Pflegeeltern hingegen spielen zumindest im Kino eine meist undankbare, wenn nicht sogar negative Rolle. Umso interessanter ist der Ansatz von Sean Anders' »Plötzlich Familie«, der die schwierige Genese einer Pflegefamilie aus der Perspektive der Eltern erzählt. Das klingt nach ernstem Stoff, obwohl der Film doch als Komödie annonciert wird – und tatsächlich ist er eine eigentümliche Mischung aus beidem. Im Mittelpunkt stehen Pete (Mark Wahlberg) und Ellie (Rose Byrne), Anfang 40 und ein typisch amerikanisches Mittelstandspaar. Ihren Lebensunterhalt verdienen sie mit der Sanierung und dem Verkauf leerstehender Einfamilienhäuser. Als sie eines der Eigenheime für sich selbst renovieren, wird ihnen schlagartig die eigene Kinderlosigkeit bewusst. So reift der Entschluss, ein Pflegekind aufzunehmen. ­Allerdings spielt das Schicksal ihnen nicht nur ein Kind zu, sondern drei: den rebellischen Teenager Lizzy und ihre kauzigen jüngeren Geschwister Lita und Juan.

Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, und die Szenen im mehrwöchigen Vorbereitungskurs für Pflegeeltern gehören zu den pointiertesten des Films. Zwischen beißendem Spott und feiner Ironie, aber durchaus mitfühlend, werden da die Ängste der Eltern gezeigt und ihre teils bizarren Erwartungen karikiert. Hier spürt man, dass Regisseur Sean Anders als dreifacher Adoptivvater genau weiß, wovon er erzählt. In Interviews nannte er den Film ein autobiografisches »Herzensprojekt«, was sich glücklicherweise nicht in Form von Pathos oder Sentimentalität niederschlägt.

Anders' persönliche Erfahrungen zeigen sich vor allem in wissenden Details, etwa in den Schilderungen der alltäglichen Widrigkeiten und in den Selbstzweifeln von Pete und Ellie. Man merkt, dass er das Thema aufrichtig ernst nimmt, dabei aber genug Abstand wahrt, um die Dinge mit liebevoller Ironie zu betrachten.

Tatsächlich gelingt der Humor immer dann am besten, wenn er auf bittersüße Weise realistisch wirkt. Sei es in den skurrilen Eigenarten der Kinder oder in Pete und Ellies Bemühungen, sich als gute Eltern zu beweisen. Dabei wird es zwischen den Zeilen immer wieder erstaunlich ernst, aber nie didaktisch. Ein Highlight sind in dieser Hinsicht Octavia Spencer und Tig Notaro als ungleiche Sozialarbeiterinnen, die fortwährend zwischen Einfühlsamkeit, entwaffnender Unverblümtheit und knochen­trockenem Humor changieren.

Leider gibt es aber auch einige Szenen von irritierend flachem Humor und unnötigem Klamauk, die so gar nicht zum erzählerischen Grundton passen. Fast wirkt es, als habe Sean Anders eine leise Komödie im Sinn gehabt, wo er eigentlich schenkelklopfenden Slapstick abliefern sollte, und deshalb den Film mit nachträglich eingebauten Gags aufgepeppt. Das macht »Plötzlich Familie« zwar auffallend unentschieden und unrund, aber uninteressant ist er dadurch nicht.

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