Kritik zu New York – Die Welt vor deinen Füßen

© Happy Entertainment

2018
Original-Titel: 
New York – Die Welt vor deinen Füßen
Filmstart in Deutschland: 
12.03.2020
L: 
95 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Dokumentarfilmer Jeremy Workman begleitet seinen alten Freund Matt Green bei dessen Projekt, sämtliche Straßen New Yorks einmal auf eigenen Füßen zu erlaufen

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Etwa siebzig Jahre nach der Propagierung der autogerechten Stadt und vierzig Jahre nach Erfindung der »Promenadologie« erlebt das Zu-Fuß-Gehen gerade – nicht nur in Deutschland – einen neuen Boom. Und da das Gehen im Unterschied etwa zum Radfahren frei schweifende Aufmerksamkeit für die vorbeiziehende Umgebung zulässt, hat dieses nicht nur beim Pilgern auch mentale Konsequenzen.

Ein professioneller Fußgänger ist der Wahl-New-Yorker Matt Green. 2010 wanderte er in 152 Tagen quer durch die USA von Ost nach West. Zwei Jahre später begann er ein großangelegtes neues Projekt: Tag für Tag sämtliche Straßen und Wege (samt Parks und Friedhöfen) seiner Stadt abzugehen und dies in einem Blog (imjustwalkin.com) festzuhalten. Für diese Unternehmung gab er einen guten Angestellten-Job und Wohnung auf und übernachtete bei Freunden, Bekannten oder auch Fremden auf der Couch oder als Haus- und Katzen-Sitter.

Lange schon ist der Dokumentarfilmer Jeremy Workman befreundet mit Green. Es überrascht wenig, dass in ihm irgendwann der Plan reift, den Freund bei seinen täglichen Touren filmisch zu begleiten. Drei Jahre läuft Workman nun mit Green um die Blocks – und hat im Unterschied zu diesem mit der Filmausrüstung gewichtiges Gepäck dabei. Zu den beobachtenden Aufnahmen von Greens Touren kommen viele In-die-Kamera-Statements des höchst kommunikationsfreudigen Läufers, in denen er uns und auch seinen Mit-New-Yorkern auf der Straße von seinem Projekt erzählt. 500 Stunden Filmmaterial kreuz und quer durch alle New Yorker Bezirke und Jahreszeiten kamen so an über hundert Drehtagen zusammen.

Bei der Montage seines Materials im Schneideraum entscheidet sich Workman dafür, es in meist nur wenige Sekunden lange Schnipsel zu zerstückeln und dann quer zu Chronologie und Topographie zu thematischen Clustern zu ordnen. Da geht es etwa um Tiefenbohrungen in die Geschichte der Quartiere, die Botanik am Straßenrand, 9/11-Erinnerungsorte oder die vom Hip-Hop infizierten Namen von Friseursalons. Durchaus anregende Momente: Nur leider ziehen die Bilder in solchem Tempo vorbei, dass sie schon wieder verschwunden sind, bevor das Auge sie überhaupt richtig registriert hat. Und auch die Orte werden so erratisch gestreift und durcheinandergewürfelt, als würde sich Green nicht mit seinen Füßen, sondern mit einem rempelnden Auto-Scooter bewegen. Zum Ausgleich geraten seine verbalen Erläuterungen – etwa zum Erinnerungswert alter Bäume – exzessiv geschwätzig. Dazu kommen störende technische Unsauberheiten in Bild (Flimmern) und Ton (krächzende Stimmen).

So kommt es zu dem Paradox, dass ein programmatisch um das Konzept der »Entschleunigung« kreisender Film mit hoher Drehzahl genau das Gegenteil betreibt. Wir wissen, dass im Big Apple die Uhren ein ­wenig schneller ticken. Mit doppelt so viel Zeit und halb so viel Geplapper hätte Workmans Film aber auch für den Rest der Welt mehr als ein Sammelsurium New Yorker Impressionen werden können.

Meinung zum Thema

Kommentare

Selbst bin ich New York Liebhaberin, 12 X dortgewesen. sehe ich diesen Film, als Herausforderung für mich, es Matt Green einmal nachzumachen. Ein wunderbarer Film und es fasziniert mich. Love Ursula Damke

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