Kritik zu Nataschas Tanz

© Salzgeber

2024
Original-Titel: 
De Dans van Natasja
Filmstart in Deutschland: 
11.07.2024
L: 
102 Min
FSK: 
12

Jos Stelling erzählt die Geschichte zweier Außenseiter: in Schwarz-Weiß, mit leisem Humor, verhaltener Melancholie und fantastisch-märchenhaften Effekten

Bewertung: 4
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Es beginnt mit einem Nocturne von Chopin, rhythmischem Klatschen, russischen Elevinnen an der Ballettstange – und einer Enttäuschung. Natascha wird aus der kleinen Tanzgruppe aussortiert und muss sich in die Ecke setzen. Draußen braut sich ein gewaltiges Gewitter zusammen: Die Natur spiegelt das Empfinden des jungen Mädchens. Die zweite Station in Jos Stellings »Nataschas Tanz« ist eine Stadt in Holland. Dort wird Daantje geboren: ein in sich gekehrter, meistens wortloser Junge, der sich der familiären Interaktion verweigert, immer nur mit Wollmütze erscheint, in keine Schule zu vermitteln ist und schließlich in einem katholischen Internat erzogen wird. 

Der Film erzählt in Schwarz-Weiß, mit leisem Humor, verhaltener Melancholie und fantastisch-märchenhaften Effekten die Geschichte zweier Außenseiter. Es sind verlorene Seelen, die als Erwachsene in Holland zueinanderfinden. Anastasia Weinmar als Kellnerin Natascha und Willem Voogd als obdachloser Daantje verbinden sich auf schicksalhafte Weise zu einem Paar, das aufgrund unvorhersehbarer Todesfälle zur Flucht und einer Reise nach Russland gezwungen wird. 

Der 1945 in Utrecht geborene Stelling ist als Regisseur kein Mann vieler Worte, er lässt Bilder sprechen. Die Arbeit von Kameramann Goert Giltay ist vom  Stummfilm­genre inspiriert. Der junge (Bram Reurink) wie der erwachsene Daantje (Voogd) erfassen die Welt wie einst Buster Keaton mit intensiv staunenden Augen. Weinmar als Natascha verbreitet die Aura einer desillusionierten Diva. Sie tanzt nur mehr als Überlebenskünstlerin auf der Bühne des Lebens.

Eingebunden sind Weinmar und Voogd in ein Ensemble aus vornehmlich skurrilen, liebevoll gezeichneten Figuren. ­Gene Bervoets als Daantjes Vater artikuliert sich immer wieder mittels Opernarien aus »La Bohème« und »Rigoletto«. Die Musik von Chopin, Rachmaninow, Saint-Saëns, Sibelius, Satie, Tschaikowski, Schubert, Debussy und Ravel spielt eine Hauptrolle im Film. Er klingt so edel, wie er aussieht.

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