Kritik zu Monsieur Claude und seine Töchter
Mit bisher über sieben Millionen Zuschauern ist die Multi-Kulti-Komödie von Philippe de Chauveron in diesem Jahr der Kassenhit in Frankreich
Spätestens seit sich vor fünfzehn Jahren der britische Erfolgsfilm »East is East« ins pralle Leben einer britisch-pakistanischen Einwandererfamilie beamte, hat sich das filmische Subgenre der Migrantenkomödie etabliert, die den konfliktreichen Zusammenstoß von Herkunftsmilieu mit den Anpassungszwängen der Aufnahmegesellschaften in immer neuen ethnischen Varianten durchdekliniert. Der plotbestimmende Konflikt ist dabei stets ähnlich: aufbegehrende Jugend steht gegen traditionelle Patriarchen – und am Ende kommt dann gegen die elterlich arrangierte Ehe doch amourös das zusammen, was nicht zusammengehören soll.
Das ist auch hier so. Nur dass – eigentlich eine hübsche Idee – die Perspektive so gekippt ist, dass statt der eingewanderten Minorität ein Paar ländlich saturierter (Noch-)Mehrheitsfranzosen im Zentrum steht, dem die nationale Identität zu entgleiten scheint. Schuld daran sind die eigenen Töchter, die zwar brav der Reihe nach in die Ehe gehen, dabei aber statt dem Michel von nebenan eher fremdländische Reize präferieren. So sind die drei ältesten Töchter schön paritätisch an jeweils ein jüdisches George-Clooney-Double, einen arabischen Anwalt und einen Geschäftsmann chinesischer Herkunft vergeben, die sich untereinander keineswegs grün sind.
Die Eltern – sie frömmelnd bigott, er dürftig getarnter Rassist – machen dazu notgedrungen gute Miene und setzen alle Hoffnung auf die Jüngste der vier, die dann auch wirklich die Verlobung mit einem echten, katholischen Franzosen ankündigt – dabei aber dessen schwarzafrikanische Herkunft verschweigt. Da passt, dass der in Elfenbeinküste lebende Schwiegerpapa die weiße Braut nur als längst fälliges Tribut post-kolonialer Wiedergutmachung akzeptieren will und der Brautfamilie dementsprechend harsche Konditionen für die Hochzeitsfeier abverlangt.
Es kommt (nach einer rasanten Prämisse in eher behäbigem Tempo), wie es kommen muss, samt heftiger interkultureller Wortgefechte, angedrohter Anreise der 400-köpfigen afrikanischen Großfamilie, abgesagter Hochzeit und einer vom Hündchen der Verneuils verspeisten Vorhaut. Auch sonst speist sich der Humor in dem von Komödienroutinier Philippe de Chauveron geschriebenen und realisierten Film leider kaum aus den Reibungen des praktischen multikulturellen Alltags, sondern arbeitet bemüht die üblichen Stereotypen und Bräuche wie Beschneidung, Weihnachtsfest und Hundespeisen ab: bis zur unausweichlichen doppel-väterlichen Versöhnung im alkoholisierten post-gaullistischen Konsens.
Christian Clavier, der kongolesische Darsteller Pascal N'Zonzi und Chantal Lauby machen ihre Sache gut. Die restlichen Figuren bleiben Abziehbilder, wobei die vier Töchter direkt aus einer vergessenen Retorte mit Barbie-DNS geklont scheinen. »Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu« (so der Originaltitel) gibt sich als Plädoyer für Toleranz und Vielfalt, seine Figuren verbreiten aber bei genauem Hinschauen mit – »wir sind doch alle eigentlich Rassisten, meinen es aber nicht böse« – eine gefährlich verharmlosende Botschaft.
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