Kritik zu Marianne & Leonard: Words of Love
Nick Broomfield zeichnet mit viel außergewöhnlichem Archivmaterial die lebenslange Freundschaft zwischen Leonard Cohen und Marianne Ihlen nach
Jeder, der Leonard Cohen kennt, kennt auch »So long Marianne«. Es ist ein Abschiedslied, das der selbst ernannte Ladies' Man seiner Verflossenen hinterhersang. Dann kam Suzanne und das Leben ging weiter. Doch so einfach ist es nicht. Die Norwegerin Marianne Ihlen, nur ein Jahr jünger als Leonard Cohen, war die Frau seines Lebens, seine Muse für mehr als acht Jahre, trotz vieler anderer Frauen seine immerwährende, ferne Geliebte und enge Freundin bis zu ihrem Tod 2016 in Oslo. Er überlebte sie nur um drei Monate. Eigentlich war es ein hoffnungsvolles Lied und sein ursprünglicher Titel »Come on Marianne«. Marianne verstand den dunklen, immer wieder depressiven Leonard Cohen, selbst dann noch, als klar wurde, dass sie nicht mit ihm zusammenleben konnte. Er schickte ihr Tickets zu jedem seiner Konzerte und nicht selten beendete er die Ansage zu »So long Marianne« mit dem Satz »I hope she's here«.
Die sechziger Jahre, als sich Leonard und Marianne auf der griechischen Insel Hydra trafen, waren eine wilde Zeit. Die Lust nach Sex und Freiheit war groß und die Möglichkeiten vielfältig. Die langen griechischen Sommer lockten eine Gruppe von Schriftstellern, Musikern, Malern und Schauspielern nach Hydra, wo sie von D. A. Pennebaker gefilmt wurden. Der britische Dokumentarfilmer Nick Broomfield war selbst eine Zeit lang Mariannes Geliebter und kam so an völlig unbekanntes Material, das die Grundlage zu seinem Film bildet. Nach der faszinierenden Dokumentation »Kurt und Courtney«, über den Tod des Nirvana-Sängers Kurt Cobain, ist dies sein zweiter Liebesfilm und auch sein persönlichster.
Marianne gehörte zu dieser Gruppe von Künstlern und war nur sie selbst. Mit ihrem Sohn Axel, dem Sohn des Schriftstellers Axel Jensen, lebte sie ein Hippieleben und ging, als sie merkte, dass sie daran zugrunde zu gehen drohte, nach Norwegen und damit in die Bürgerlichkeit zurück. Leonard Cohen hingegen, der als Schriftsteller angefangen hatte, machte Karriere als Sänger. Sein Buch »Beautiful Losers« wollte damals niemand lesen.
Broomfield schreitet nun durch Leonard Cohens Karriere, begleitet ihn bei Konzerten, bei Drogenexzessen in Hotelzimmern, mit immer wieder anderen Frauen und Mädchen bis zu dem Punkt, an dem auch er nicht mehr weiter weiß. Sechs Jahre bringt er in einem zen-buddhistischen Kloster zu, wird Mönch und arbeitet als Koch und als Fahrer. Kaum jemand dachte damals, dass er je auf die Bühne zurückkehren würde. Tatsächlich ist es seiner Managerin und Freundin Kelley Lynch zu verdanken, dass er es doch tat. Sie veruntreute sein mehrere Millionen Dollar großes Vermögen. Als Cohen aus dem Kloster zurückkam, war er pleite. Er gewann zwar den Prozess, doch das Geld blieb verschwunden. Also tat er das, was er am besten konnte, und ging zurück auf die Bühne. Es wurden seine produktivsten und besten Jahre. Aber Marianne vergaß er nicht. Als sie im Sterben lag, schrieb er ihr einige bewegende Zeilen, »I'm close behind you«, und folgte ihr am 7. November 2016.
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