Kritik zu Maos letzter Tänzer
Bruce Beresford hat die Autobiografie des chinesischen Balletttänzers Li Cunxin verfilmt
Gerade einmal elf Jahre ist Li Cunxin, als die Talentscouts, die 1972 von der chinesischen Kulturrevolution in ein kleines Bergdorf in der Provinz Shandong entsendet werden, den Bauernjungen für die Ballettakademie in Peking rekrutieren. Das schmächtige, aber gelenkige Kerlchen weiß gar nicht recht wie ihm geschieht, als er sich von seiner Familie trennen muss und sieben Jahre lang einem harten Training unterworfen wird. Nur langsam erwächst aus dem sportlichen Drill eine Liebe zur Kunst.
Auf einer Reise nach Peking lädt der künstlerische Leiter des Houston Ballets Ben Stevenson (Bruce Greenwood) den talentierten Tänzer zu einem dreimonatigen Stipendium in die USA ein. Die Partei bewilligt den Studienaufenthalt, und der chinesische Konsul warnt Li vor den Gefahren des Kapitalismus und »fremden« Frauen. Li jedoch verfällt vor allem den neuen künstlerischen Möglichkeiten im kapitalistischen Ausland, beschließt nach einer heimlichen Hochzeit mit der Nachwuchstänzerin Elizabeth (Amanda Schull) in den USA zu bleiben und bekommt von den chinesischen Behörden Einreiseverbot.
Der australische Regisseur Bruce Beresford (Miss Daisy und ihr Chauffeur, Black Robe) hat die Autobiografie des chinesischen Ballettstars Li Cunxin mit konventioneller Routine verfilmt. Von der Ankunft in Amerika ausgehend fädelt der Film in Rückblenden Kindheit und Jugend des Tänzers auf, zeigt auf der Gegenwartsebene den anfänglichem Kulturschock sowie die rasche, künstlerische Integration in die rundherum freundlich gesonnene amerikanische Ballettszene und steuert nach einem kurzen Exkurs in Thrillergefilde, als der Abtrünnige vorübergehend in der chinesischen Botschaft festgehalten wird, zum tränenreichen Happy End, wo die Wiederbegegnung von Eltern und Ballettstar vor applaudierendem Publikum auf offener Bühne frenetisch gefeiert wird.
Das Schlussbild zeigt Li mit seiner Tanzpartnerin auf dem staubigen Platz des chinesischen Heimatdorfes, nach einer rasanten Ballettvorführung die Hände elegant gen Himmel weisend, vor dem die rote Fahne malerisch im Wind flattert. Das Bild erinnert an den Kitsch kommunistischer Propagandaplakate, soll aber wohl eher die Versöhnung der Kunst mit den Widrigkeiten der Weltpolitik symbolisieren.
Beresford navigiert seinen Film weitgehend überraschungsfrei durch das Leben des chinesischen Tänzers und kultiviert nebenher mit sanfter Hand den Mythos Amerika als »Land of Opportunities«, auch wenn die Hinwendung des Helden zur neuen Heimat als unpolitische und rein künstlerische Entscheidung dargestellt wird. Der eigentliche Sehgenuss stellt sich erst in den Tanzszenen ein. Beresford hat mit Chi Cao den Solisten des Birmingham Royal Ballet unter Vertrag genommen, der mit atemberaubender Virtuosität über die Leinwand fliegt und ganz unmittelbar die Lust an der Kunst des Tanzes vermittelt.
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