Kritik zu Made in Bangladesh

OmeU © ArtMattan Productions

Der Drehbuchautorin und Regisseurin Rubaiyat Hossain gelingt mit ihrem Film über Frauen in der Textilindustrie ihrer Heimat Bangladesch ein mit »Norma Rae« vergleichbares Drama für das Südasien von heute

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In diesem Film stecken drei Jahre Recherchearbeit. Rubaiyat Hossain hat sich für »Made in Bangladesh« mit den Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken des Landes vertraut gemacht, die Lage der Näherinnen und die Strukturen eines Wirtschaftszweiges studiert, in dem vier Millionen Menschen, 80 Prozent davon Frauen, beschäftigt sind – oftmals zehn Stunden täglich, an sechs Tagen in der Woche, für einen Lohn von 100 Euro im Monat, wenn es gut läuft. Die junge Gewerkschafterin Daliya ermöglichte Hossain authentische Einblicke in diese Welt. Sie begleitete die Dreharbeiten und verlieh den Dialogen ihre Wahrhaftigkeit.

Spätestens seit der Katastrophe von Rana Plaza 2013, als ein marodes Gebäude mit mehreren Textilfabriken in Sabhar in der Nähe von Dhaka einstürzte und mehr als 1100 Beschäftigte starben, weiß die Welt um die Verhältnisse in Bangladesch, dem weltweit zweitgrößten Exporteur von Bekleidung. Hossain, die zusammen mit Philippe Barrière das Drehbuch erarbeitet hat, baut in ihrem zweiten Kinofilm nun nicht auf Zahlen und Statistiken, sondern auf menschliche Schicksale: keine Spur von flachem Agitprop oder Appellen ans westliche Publikum, Kleidung »Made in Bangladesh« künftig zu verschmähen; das liegt nicht im Interesse der Arbeiterinnen. Hossain, Jahrgang 1981, nähert sich einem sozioökonomischen Phänomen mit den Mitteln filmischer Poesie.

Im Zentrum steht Shimu (Rikita Shimu), die dank äußerer Einflüsse Widerstandskräfte gegen ein menschenverachtendes, von Männern, einer korrupten Bürokratie und gierigen ausländischen Einkäufern dominiertes wirtschaftliches System entwickelt. Aus neugewonnenen Einsichten entwickelt sie eine Widerstandsstrategie und unternimmt furchtlos und ungeachtet aller Repressalien den Versuch, eine Gewerkschaft zu gründen. Das bleibt nicht folgenlos für ihre traditionelle Ehe mit Sohel (Mostafa Monwar), den die Verwandlung seiner Frau zu überfordern droht.

Sabine Lancelins Kamera nimmt zahlreiche Kontraste auf. Sie zeigt die ratternden Nähmaschinen in der Fabrik und die lärmende Geschäftigkeit auf den Straßen der Hauptstadt. In einer langen Einstellung arrangiert sie daneben drei Frauen wie einen antiken Chor, der die Folgen eines Feuers kommentiert. Shimu zu Hause ist häufig im Halbdunkel kaum wahrzunehmen, sie erscheint gleichsam aufgesogen von ihrem Milieu. Dann gibt es das farbenfrohe Hochzeitsfest, bei dem der Film die Schönheit und Lebensfreude seiner Protagonistinnen feiert. Materielle Not kommt in den Blick, aber auch der TV-Eskapismus mit trivialen Serien und die Werbung für Luxusschmuck. Bangladesch: ein Land der Gegensätze.

Shimus Weg mit der Lektüre des Arbeitsgesetzbuches, den sich entwickelnden Bewusstseinsprozessen, Revolten und Rückschlägen besitzt Züge einer Emanzipation. Arbeit an sich, zeigt der Film, bedeutet für bangladeschische Frauen ein Stück Selbstbestimmung, Freiheit und Macht. Ihr Mantra: »Die Rechte der Arbeiter sind Menschenrechte. Die Rechte der Frauen sind Menschenrechte.«

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