Kritik zu La Palma
Erec Brehmer schickt in seinem Langspieldebüt ein Paar durch einen Parcours der peinlichen Situationen, die sie zum Teil auch noch selbst herbeiführen
Nur sechs schöne Tage wollen Sanne und Markus miteinander verbringen, doch der geplante Urlaub beginnt mit einem Missgeschick. Anstatt in Las Palmas de Gran Canaria landen die beiden auf La Palma. Bevor sie nun klären können, wessen Schuld es war, gilt es ein Nachtlager zu finden. Wie gut, dass sie ein leer stehendes Ferienhaus besetzen können, denn damit steht dem Urlaub, der beiden Klarheit über ihre Beziehung verschaffen soll, nichts mehr im Weg.
Um sich endlich einmal auch die Dinge sagen zu können, die sie einander vorenthalten hatten, wechseln beide auf Markus' Initiative hin die Rollen. Er wird zu Pablo, einem Spanier, sie wird zu seiner Freundin Alba. Und damit fangen die Peinlichkeiten an. Immer wenn sie ihn bittet, doch einmal damit aufzuhören, erntet sie ein »isch verstehe nix, was du meinen«. Als sie von deutschen Nachbarn zu einem Abendessen eingeladen werden, antwortet die Gastgeberin in fließendem Spanisch – nur mit Mühe finden sie einen Weg aus dieser Situation heraus. Bei einem Ausflug an den Strand treffen sie auf ein Paar aus Österreich, mit ihrem gar nicht mehr so kleinen Sohn, der immer noch eifrig an der Mutterbrust trinkt. Kichernd berichtet die Mutter, dass auch ihr Mann immer wieder mal zuzzeln möchte. Nach einem romantischen Ausflug ist plötzlich der Autoschlüssel verschwunden, was in einem heillosen Streit endet, und an ihrem Geburtstag sucht Alba in der Disco die Nähe eines Mannes, der sich bei Licht betrachtet als 18-jähriger Junge entpuppt.
Scham ist immer wieder das bestimmende Gefühl in diesem Film und auch fremdschämen bleibt nicht aus. Als der Film beim Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken Premiere hatte, stand vor dem Eingang eine große Box mit kleinen Wackelaugen aus Plastik zum Aufkleben. In der ersten Szene dann erzählt Sanne in der Rolle der Alba Pablo von ihrem »Ex-Freund« Markus, der so komische Plastikaugen überall hinklebt und das lustig findet. Und alle, die sich eine Handvoll mitgenommen hatten, schauten betreten zu Boden.
Das Spiel mit den Peinlichkeiten auf verschiedenen Ebenen ist äußerst gelungen in diesem Langfilmdebüt von Erec Brehmer, ohne dass eine Farce daraus wird. Er spitzt die normale Urlaubssituation, die schon genug Spannungspotenzial bereithält, gekonnt zu, lässt Sanne wie nebenbei einen Seitensprung gestehen, der eben nicht zu einem Eklat, sondern zu Schulterzucken führt. Zwischen den zickigen Anmerkungen und dem Versuch, alles in Lächerliche zu ziehen, kommen plötzlich ganz intensive Gefühle auf. Und das Ende ist dann noch einmal überraschend.
Hätte Brehmer die Löcher in seinem Drehbuch etwas besser gestopft, es wäre ein wirklich interessantes Debüt geworden. Wie kann man ein Flugzeug verwechseln und dann am falschen Flughafen aber trotzdem das gebuchte Auto in Empfang nehmen? Wieso kümmert sich niemand um das illegal belegte Ferienhaus, und wo kommt plötzlich der Ersatzschlüssel für das Auto her? Das sind Fragen, die sich aufdrängen und an der Illusion kratzen.
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