Kritik zu I Like Movies
Die kanadische Regisseurin Chandler Levack inszeniert das tragikomische Porträt eines typischen Highschool-Film-Nerds, der von der großen Karriere als Filmemacher träumt
Lawrence ist ein großer, allerdings noch unentdeckter Filmregisseur. Schließlich ist er erst 17, trägt schlabberige Pullis mit Krawatte, einen großen braunen Hut und hat noch nicht mal die Highschool beendet. Dennoch dreht er mit seinem besten Freund Matt allsamstaglich nach der »Saturday Night Live«-Show in der »Nacht der Ausgestoßenen« kleine Filme, lustige Szenen mit Stopptrick und Slow Motion, den Fingerübungen junger Filmemacher überall auf der Welt nicht unähnlich. Mit dem Highschool-Abschlussvideo allerdings, das der Lehrer von ihm erwartet, tut er sich schwer. Zu viel Material, zu wenig Zeit, bis er es schließlich ganz seinen eher mediokren Mitschülern überlässt. Sein Gesicht bei der Vorführung zeigt dann allerdings, dass eine innere Wandlung möglich ist.
Isaiah Lehtinen spielt den untersetzten, nach dem Suizid seines Vaters psychisch belasteten Film-Nerd Lawrence, der nichts lieber will, als an der Tisch School of the Arts der New York University Film zu studieren, in der Nachfolge von Regisseuren wie Joel Coen, Jim Jarmusch, Ang Lee oder Martin Scorsese. Er erinnert nicht nur physisch, sondern auch in seiner souveränen Haltung etwas an eine junge Version von Jack Blacks Jerry in Michel Gondrys »Abgedreht«. Um Geld zu verdienen, sich aber nicht zu weit von seiner Filmleidenschaft zu entfernen, arbeitet er in einer Videothek – nicht umsonst heißt die Produktionsfirma des Films »VHS forever« – und er ist vor allem von sich selbst überzeugt. Niemals würde er »Shrek« empfehlen, auch nicht in der Special Edition, sondern eher »Full Metal Jacket« von seinem Lieblingsregisseur Stanley Kubrick.
Lawrence ist entwaffnend ehrlich, wenn er eine Mitschülerin als unfähig aus dem Abschlussprojekt ausschließt oder Matt offen gesteht, dass er nur ein Platzhalter war für die wirklichen Freundschaften, die er an der Uni schließen will. Seine Videothek-Chefin bewundert er, ist heimlich in sie verliebt, und enttäuscht sie doch immer wieder. Bis er schließlich ganz allein dasteht und schmerzlich erkennen muss, dass das Leben eben kein Film ist und fast immer anders verläuft, als man es sich vorstellt.
Natürlich ist »I Like Movies« eine Hommage an all die großartigen Filmemacher zwischen Todd Solondz, Spike Jonze und Paul Thomas Anderson, dessen beeindruckender Film »Punch-Drunk Love« Lawrence wie ein Talisman durch die Handlung begleitet, aber es ist auch eine gelungene Coming-of-Age-Geschichte eines selbsternannten Außenseiters, der lernen muss, dass man allein nicht wirklich weiterkommt. Und dann zeigt Chandler Levack, dass man nicht aussehen muss wie Julia Roberts in »Magnolien aus Stahl«, um im Film zu überzeugen. Einfühlsam inszeniert die Regisseurin eine tragikomische Figur, achtet auf jedes Detail, stellt sie niemals bloß. Sie gibt Lawrence die Chance, selbst zu erkennen, dass es im Leben wie im Film auf jeden Moment ankommt. Mit diesem wunderbaren Debüt hat Levack sich einen Platz unter den jungen kanadischen Filmemachern erobert, die man weiterhin beobachten sollte.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns