Kritik zu Horst Schlämmer – isch kandidiere!

© Constantin Film

2009
Original-Titel: 
Horst Schlämmer – isch kandidiere!
Filmstart in Deutschland: 
20.08.2009
L: 
96 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Eigentlich sollte der erste Hape-Kerkeling-Film »Ich bin dann mal weg« heißen. Nun hat der Komiker seine Figur Horst Schlämmer in einer schnell zusammengebastelten Stück auf die Leinwand gebracht – der rechte Film zum lahmen Wahlkampf 2009

Bewertung: 3
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Die Figur »Horst Schlämmer« hat der Komiker Hape Kerkeling einst erfunden als Parodie auf bescheidwisserische Macker, deren gefühlte Größe die reale übersteigt und die vorzugsweise in halbseidenen Milieus wie der Medienbranche zu finden sind. Nun ist Horst Schlämmer, der kurzatmige, stellvertretende Chefredakteur des fiktiven »Grevenbroicher Tagblatts«, im Wahlkampf unversehens zu Ausdruck und Kritik des Verdrusses an der Parteiendemokratie geworden. »Horst Schlämmer – Isch kandidiere« heißt der Film, dessen Titel den Inhalt trifft und der vor allem ein Marketingcoup ist: Wichtig sind zuerst der Zeitpunkt und die Art, wie er lanciert wurde. Zwischen all den Plakaten von Politikern hängt nun auch Hape Kerkeling, der für seinen Film wirbt. Dass angeblich 18 Prozent der Deutschen Horst Schlämmer wählen würden, ist Teil der geschickten Kampagne.

Man kann das als Sittenverfall begreifen, aber erstaunlicher ist fast, dass es tatsächlich jemand tut. Denn die Verballhornung des Wahlrechts beherrschen die Politiker selbst: In Berlin wirbt Vera Lengsfeld (CDU) mit tief dekolletierten Bildern von sich und der Kanzlerin unter dem Slogan »Wir haben mehr zu bieten«, dass man auf den ersten Blick nicht weiß, ob das tatsächlich ernst gemeint ist oder schon ein Witz der »Titanic«.

Dem Film von Angelo Colagrossi merkt man die Eile an, in der er gemacht wurde: dass er sich eine Geschichte hat einfallen lassen müssen, die um bereits existierende »Horst Schlämmer trifft ...«-Schnipsel und eigens gedrehte organisiert wurde. Erzählt wird das mitunter mit Klamauk und dürftigen Spielszenen, als schlechtes Kabarett.

Er taugt aber auch immer wieder dazu, die Unzulänglichkeit von politischen Figuren wie Ursula Kwasny (CDU), der stellvertretenden Bürgermeisterin von Grevenbroich, sichtbar zu machen. Frau Kwasny redet in einer Naivität über die Defizite im kommunalen Haushalt, dass man sich nicht wundern muss, wie Gemeinden auf zwielichtige Cross-Boarder-Leasing-Verträge reinfallen konnten.

Auf einer höheren Ebene ist es durchaus interessant, wie der Film Echtheit inszeniert. Es gibt Szenen, in denen Horst Schlämmer, der ja schon eine Rolle ist, eine Rolle zu spielen scheint (die des stellvertretenden Chefredakteurs etwa), genauso wie es Prominente gibt, die nicht nur mit Schlämmer konfrontiert werden (wie Frau Kwasny), sondern ebenfalls Rollen spielen (etwa Cem Özdemir).

Das Spiel mit den Rollen basiert aber nicht auf einem ästhetischen oder gar politischen Konzept, wie es dem Film überhaupt an einer Sorgfalt mangelt, die Kerkeling gerade auf seine Figur verwendet. Sehenswert ist »Horst Schlämmer – Isch kandidiere!« wegen des Protagonisten, der mit ungeheurer Liebe fürs Detail ausdifferenziert wird: wie er die Puste nach besonders langen Sätzen verliert, wie fein er die Vokabeln durcheinanderbringt, die für seine Kandidatur wichtig sind (»Rezension« statt »Rezession«). In diesen Momenten begreift man, dass die Figur selbst das viel bessere Kino ist als der Film mit seiner immer wieder melancholischen Fernsehfilmdramaturgie.

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