Kritik zu Here
In der sterilen Familieninstallation von Forest Gump-Regisseur Robert Zemeckis feiern Tom Hanks und Robin Wright ein Wiedersehen
Die Verwirrung ist nach wenigen Minuten perfekt: Dinosaurier rennen über die Leinwand, computeranimierte Vögel flattern vorbei, eine Ursuppe brodelt, dann lassen sich Ureinwohner in der Szenerie nieder, in der nächsten wird ein Hausfundament ausgehoben, Kutschen fahren vorüber und immer wieder ist ein Wohnzimmer mit unterschiedlichem Dekor zu sehen. Bis schließlich ein Mann, der stark gealterte Tom Hanks, dieses leere Zimmer betritt. Die Szenen legen sich jeweils in Bilderrahmen nebeneinander, bis eine sich öffnet. Es ist der Beginn von Robert Zemeckis seltsam steril-statischem Familiendrama, in dem er Hanks und Robin Wright wiedervereint, die Stars aus seinem oscarprämierten »Forrest Gump«. Zemeckis ist Schöpfer von unterschiedlich erfolgreichen, aber oft innovativen Filmen wie der »Zurück in die Zukunft«-Reihe, »Polarexpress«, »Der Tod steht ihr gut« oder »Falsches Spiel mit Roger Rabbit«, in denen er jede Art von Special Effects zur Perfektion trieb. In »Here« aber überspannt er den Bogen zu einer Art Konzeptkunst, die eher in Langeweile endet.
Einziger Schauplatz ist jenes Wohnzimmer, auch als dieses noch gar keins war, sondern eben eine prähistorische Fläche, bewohnt von amerikanischen Ureinwohnern, später dient sie als Park vor der Villa von William Franklin, Benjamin Franklins Sohn (Warum dieser politische Sidekick, der inhaltlich keine Rolle spielt?), bis dort ein stattliches Haus entsteht, in das verschiedene Familien einziehen, angefangenen bei einem viktorianischen Paar bis hin zu einer Schwarzen Familie, die den Beginn der Corona-Pandemie erlebt.
Das Zentrum des Films aber bilden der Veteran des Zweiten Weltkriegs Al (Paul Bettany) und seine Frau Rose (Kelly Reilly) mit deren Sohn Richard (Hanks), der später mit seiner Frau Margaret (Wright) dort wohnen wird. Als 18-Jährige wird Margaret schwanger, was das junge Paar zum Einzug in das elterliche Haus und zur Aufgabe der eigenen (beruflichen) Träume zwingt.
Basierend auf einer Graphic Novel von Richard McGuire erzählt Zemeckis den ganzen Film aus einer einzigen Perspektive: Immer ist der Blick auf wechselnde Couchgarnituren, das großes Fenster und im Hintergrund William Franklins Haus gerichtet. Ohne ersichtliche Chronologie oder Dramaturgie springt er zwischen den Zeiten und Familien, stets mit dieser seltsamen Rahmentechnik. Es dauert eine Weile, bis man dem allem folgen kann. Dann setzt die Langeweile ein, denn die Familie führen ausgesprochen normale Leben. Vor lauter Konzept und Querverweisen kommt die Dramaturgie zum Erliegen. Dabei hätten die verschiedenen Epochen und Schicksale durchaus Stoff geboten, doch bleibt Zemeckis bei all seinen Figuren an der Oberfläche. Seine Haupthelden, Hanks und Wright, lässt er bis zur Unkenntlichkeit digital verjüngen. Wenn sich zum Schluss der Blick in den Rückraum des Wohnzimmers auf eine aufgeräumte kleinbürgerliche Siedlung öffnet und ein animierter Kolibri durchs Bild flattert, ist das der letzte Verweis darauf, dass alles an »Here« künstlich ist.
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