Kritik zu The Happytime Murders
Gosse statt Sesamstraße: In seiner schlüpfrigen Film-noir-Variation lässt Brian Henson – Sohn von Muppets-Erfinder Jim Henson – die Puppen von der Leine
Ohne den Erfolg von »Puppet Up!«, einer Mischung aus Improtheater und Puppenspiel, wäre »The Happytime Murders« kaum denkbar. In »Puppet Up!« befreite Brian Henson, Sohn des legendären Sesamstrasse- und Muppets-Schöpfers Jim Henson, das knuffige Stoffpersonal erstmals von den Restriktionen des Kinderprogramms. Seine Shows, die ausschnittweise auf YouTube zu sehen sind, beziehen ihren Reiz daraus, dass die Puppen weder nett noch niedlich daherkommen, sondern nach Herzenslust fluchen und dreckige Witze reißen. Obszönität statt Pädagogik sozusagen.
Diesem Motto folgt nun auch Hensons dritter Spielfilm nach 20-jähriger Kinopause. »The Happytime Murders« richtet sich mit seinem vulgären Humor, den Crime- und Splatter-Elementen ausschließlich an Erwachsene. Besonders revolutionär ist der Film dabei nicht. Ähnliche, zum Teil drastischere Grenzüberschreitungen zelebrierten »Meet the Feebles« oder »Team America« schon vor Jahren; innerhalb des Henson-Universums sind explodierende und ejakulierende Puppen aber definitiv ein Novum.
Die Story variiert den klassischen Film-noir-Topos vom heruntergekommenen Privatschnüffler, der von einer Femme fatale in einen unübersichtlichen, zunehmend abgründigeren Fall hineingezogen wird. Beide, der blaugesichtige Phil und die lüsterne Unbekannte, gehören zur Puppen-Community, die so ähnlich in die Menschenwelt von L.A. integriert ist wie unlängst die Aliens in der Netflix-Produktion »Bright«: Sie gelten als Bürger zweiter Klasse, werden bei jeder Gelegenheit diskriminiert und kämpfen permanent um ihr Standing. Derlei kritische Untertöne schlägt der Film auf durchaus sympathische Weise an, ohne diese »Botschaft« (und sich selbst) dabei allzu ernst zu nehmen.
Ehe der hartgesottene Excop Phil zum ersten Mal ins verbale Sparring mit seiner damaligen Partnerin Edwards (Melissa McCarthy) gehen kann, muss er in einer denkwürdigen Szene zunächst die ersten der titelgebenden Morde miterleben. Zu den Opfern zählen der schmierige Besitzer eines Sexshops, ein geiler Hase, eine Kuh und ein Oktopus, wobei letztere in einen grotesken Pornodreh involviert waren. Später wird sich herausstellen, dass ein Serienmörder es auf den Cast einer längst abgesetzten TV-Serie abgesehen hat, und kurioserweise befindet sich unser Protagonist bald in der Hitchcockschen Rolle des unschuldig Beschuldigten.
Die vielen Anspielungen auf die Filmhistorie und das verhaltene Erzähltempo verleihen den »Happytime Murders« etwas angenehm Altmodisches. Auch die Puppen, so »ungehörig« sie sich benehmen mögen, wirken trotz cleverer Tricks und Effekte seltsam anachronistisch, irgendwie aus der Zeit gefallen. Die besseren Gags liefert erstaunlicherweise nicht die ungewöhnlich zurückhaltend agierende Melissa McCarthy, sondern Maya Rudolph in der Rolle von Phils loyaler Assistentin, die ein wahrhaft großes Herz für Puppen hat.
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