Kritik zu Global Player – Wo wir sind isch vorne
Wirtschaftkrimi, Familiendrama, Heimatfilm und Fernsehspiel: Hannes Stöhr liefert in seinem neuen Werk eine nicht leicht zu sortierende Mischung
Die Textilmaschinenfirma Bogenschütz im schwäbischen Hechingen steckt in der Bredouille. Die Auftragslage des Familienunternehmens
ist schlecht, die paar Dutzend Arbeiter sind seit Monaten auf Kurzarbeit. Am 90. Geburtstag des Seniorchefs eröffnet Sohn Michael dem Vater und seinen aus Berlin und Köln angereisten Schwestern, dass der Betrieb wohl nur noch durch Fremdinvestoren gerettet werden kann. Die reisen auch schon bald aus Shanghai an, zum großen Unbehagen des Seniors, der seinem Sohn gern mit autoritärem Gehabe in die Geschäfte pfuscht.
Hannes Stöhr (Berlin Is in Germany), selbst geborener Hechinger, lässt seinen neuen Spielfilm zu ungleichen Teilen in der südwestdeutschen Provinz und in der südchinesischen Metropole spielen und inhaltlich an seiner Positionierung für die Schwaben keine Zweifel. Dabei deuten die familiären Konfliktlinien schon bald an, was kommt. Der Patriarch will zur Rettung seines nach dem Krieg unter Mühen wieder aufgebauten Lebenswerks lieber das Erbe seiner vier erwachsenen (für einen 90-Jährigen erstaunlich jungen) Kinder verpfänden. Die müssen zur Einsicht aber erst gezwungen werden. Und während die schwäbisch-chinesischen Verhandlungen mit vielen Klischees fast satirisch dargestellt werden, mischen sich in den familiären Part bald melodramatische Akzente aus der Tradition von Heimatfilm und Fernsehspiel, wo die Firmenrettung aus Herrenperspektive seit jeher beliebtes Sujet ist.
Die Rollenbilder (den kiffenden Aussteiger eingeschlossen) sind ähnlich spießig: Da ist der mit einer Lehrerin verheiratete Jungunternehmer (Christoph Bach). Die alleinerziehende Yogaschulenbesitzerin (Inka Friedrich). Und Ulrike Folkerts als älteste Tochter und Übersetzerin, der ein wohlhabender Ehemann den großbürgerlichen Lebenswandel erlaubt. Zur Aufrundung des Personals führt im Haushalt des Alten eine knackige Polin mit dirndlgerechten Kurven das Regiment.
Inszeniert ist Global Player – Wo wir sind isch vorne mit der im deutschen Fernsehspiel verbreiteten Holzgeschnitztheit, was bei Schauwerten und Kamera Spaß macht, bei Buch, Akteuren und Musik weniger. Die durchkomponierten Bilder von Andreas Doub sind ebenso ein Augenschmaus wie die karikaturesk überzogene Ausstattung. Leider sind die Dialogsentenzen so überdeutlich gesetzt wie die eingestreuten Erinnerungen des Seniors an Kriegs- und Wiederaufbauzeit, die als schwarz-weiße Archivschnipsel à la Dokudrama daherkommen.
Die gegebenen Besitzverhältnisse werden niemals infrage gestellt. Und dass sich die ehemals rebellischen Kinder am Ende zur Rettung deutscher Wirtschaftsmacht mit der dunklen Kriegsvergangenheit des Patriarchen versöhnen, mag noch als töchterlich/söhnliche Milde durchgehen. Unheimlich aber wird es, als auch noch ein Nachfahre jüdischer Auschwitz-Opfer (im Hintergrund illustrativ eine unscharfe Menora) verständnisvoll einem langen entschuldenden Monolog von Opa Bogenschütz lauschen muss. Und es kommt der Verdacht auf, hier diene die chinesische Gefahr vielleicht nur als Subtext der deutschen Entlastung.
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