Kritik zu Glitzer und Staub

© Port au Prince Pictures

2020
Original-Titel: 
Glitzer und Staub
Filmstart in Deutschland: 
29.10.2020
L: 
93 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Anna Koch und Julia Lemke porträtieren vier junge Mädchen an unterschiedlichen Orten im Westen der USA, die sich für das raue Leben von Bullriding und Rodeokampf begeistern

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Ariyana, Altraykia, Tatyanna und Maysun sind Mädchen im Alter von neun bis fünfzehn Jahren. Gemeinsam ist ihnen ihre Heimat an unterschiedlichen Orten des US-amerikanischen Westens. Gemeinsam auch die Leidenschaft für das Rodeo. Diese liegt hier – zwischen Prärie, schroffen Felsen und scheppernden Metallgattern – in der Luft, war seit den 1930ern aber vorwiegend eine männliche Domäne.

Denn es ist eine gefährliche Leidenschaft, besonders das Bullenreiten, das regelgerecht nach acht Sekunden am Boden neben stampfenden Stierhufen endet. Ariyanas Vater hatte das fast beide Beine gekostet, verständlich, dass er zuerst nicht begeistert über das Hobby seiner neunjährigen Tochter war. Doch nun will sie es (den Schriftzug »Never Scared« auf ihrem Gürtel) als erster weiblicher Bullriding-Profi zu den National Finals schaffen. 

Auch Maysun kommt aus einer Rodeo­familie. Während der Vater sich einen Sohn gewünscht hatte, trainiert Mutter Sarah, eine ehemalige Lassoreiterin, die Tochter, vom Pony aus Kälbchen mit dem Lasso einzufangen und zu fesseln. Die Bullenreiterinnen Tatyanna und Altraykia leben als Teenager in einem Navajo-Reservat. Sie sei nur wegen ihres kleinen Bruders beim Rodeo, der sie immer dorthin begleitet habe, bevor er von Hunden totgebissen wurde, erzählt Altrayjia. Doch mehr Kraft geben ihr die nächtlichen Gebete in der spirituellen Gemeinschaft mit den Verstorbenen beim Peoyte-Fest.

Der Titel »Glitzer und Staub« ist einem der eigens für den Film komponierten Songs des Hamburger Countryduos Peta Devlin und Thomas Wenzel entnommen und trifft – wie auch die Musik selbst – gut das Leben zwischen Kampf, aufwendigen Kostümen, Jahrmarktsthrill und täglicher harter Arbeit. Optik und Emotionalität des Films leben von der preisgekrönten Kameraarbeit von Co-Regisseurin Julia Lemke, die ihre Protagonistinnen in der Enge des häuslichen Alltags und der erhebenden Weite der Landschaft begleitet. Konterkariert wird diese visuelle Dichte in der deutschen Fassung allerdings durch ein Voice-over, das die Vermittlung von Informationen über eine atmosphärisch starke Tongestaltung setzt.

Dies ist wohl der Fürsorge um das angepeilte kindliche Zielpublikum geschuldet, das sich leicht mit den vier Heldinnen und ihren unterschiedlichen Kämpfen identifizieren dürfte. Es ist erfreulich, dass die Filmemacherinnen sich trotz des im Thema angelegten Wettbewerbsgeists nicht auf die ebenso populäre wie abgeschmackte Turnierdramaturgie des Wer-wird-es-am-Ende-Schaffens verlassen, sondern es bei eher impressionistischen Einblicken in einen nicht näher definierten Zeitausschnitt belassen. Allerdings riskiert solche Punktualität auch die mögliche Affirmation der in vielen Personenstatements des Films ausgedrückten Ideologie des »Wer hart arbeitet, kann auch überall hinkommen«. So tut es richtig gut, wenn sich dann am Ende eines der Mädchen nach langem Abwägen doch gegen die Bullenreiterei entscheidet.

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