Kritik zu The End of Time
Peter Mettlers bildgewaltiger Essayfilm will wissen, was Zeit ist und stößt dabei auf häufig recht abstrakte Antworten – die sachlich bedingt gleich vom ganzen Universum handeln
Ich versuche, nicht zu viel über Zeit nachzudenken, sie verrenkt mein Gehirn, so dass ich mich nicht wohl fühle«, sagt eine Stimme in Peter Mettlers Film und beschreibt damit gut, worin das Problem besteht: Zeit ist alles und deshalb auch nichts. So fundamental, dass man Schöpfungsgeschichten, das Leben und Galaxien aus ihr und über sie erzählen kann, und gleichzeitig eben so schwer zu greifen, dass man das Interesse an ihr verlieren kann.
Zwischen diesen Polen schwankt Mettlers Film. The End of Time kombiniert Entlegenes. Mettler besucht das CERN in Genf ebenso wie einen letzten Siedler auf einer hawaiianischen Vulkaninsel, die perforierte Stadt Detroit oder den indischen Wallfahrtsort Bodhgaya, er sammelt auf der Tonspur Stimmen, die von ihren Trägern losgelöst sprechen, und er zeigt Naturaufnahmen, die in ihrer Beeindruckungswucht mit »National Geographic«- Aufnahmen konkurrieren könnten. Mettler strebt ins Philosophische. Das hat seinen Reiz: Der Lavastrom scheint, nachdem die Zeit mit Einsteins Relativitätstheorie als Teil einer Trias mit Raum und Materie erklärt ist, das perfekte Sinnbild für Mettlers Film. Es ist von einiger Schönheit, mit welch gravitätischem Schlurzen sich der zähflüssige Stoff einen Berg hinunterwalzt. Und zugleich verliert sich der Betrachter in der Anmut der Bewegung, die hier Raum gewinnt, und damit in der Zeit des Films. Der hat es generell nicht eilig, weder im Schnitt noch bei den Kamerafahrten, was angesichts des Themas eine bemerkenswerte Akzentuierung ist.
Zwiespältig ist der Film, wo er die geräumigen Begriffe, mit denen er sich rumschlägt, durch Kalendersprüche zu erklären versucht (»Am Anfang war keine Zeit«, »Zeit ist meine Chance, mich zu verwirklichen«). Vielleicht ist für den Zuschauer die Perspektive auf so etwas Großes wie Zeit aber auch nur deshalb schwer auszuhalten, weil er sich darin zwangsläufig nichtig und klein fühlen muss. Immerhin endet The End of Time in einer hübschironischen Konkretion: Mettlers Mutter gibt auf die Frage, was Zeit sei, das Datum durch: »9. Mai 2010, Muttertag.«
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