Kritik zu Dr. Alemán

© Zorro Film

August Diehl sucht als deutscher Medizinstudent in Kolumbien nach dem wahren Leben und findet die Liebe, das Kokain und beinahe den Tod

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Ganz so aufregend hatte sich der deutsche Medizinstudent Marc (August Diehl) den ersten Arbeitstag seines praktischen Jahres in Kolumbien doch nicht vorgestellt. Eine kurze Begrüßung durch die Kollegen, ein paar abschätzige Worte des Chefs, ein Blick auf die vielen Betten, auf denen sich blutende junge Männer wälzen: Willkommen im Krankenhaus von Cali, der zweitgrößten Stadt des Landes. Es gibt zu wenig Personal für die vielen Schusswunden, deshalb muss der Neue gleich zeigen, was er draufhat: Gummihandschuhe drüber, rein mit dem Skalpell, raus mit der Kugel.

Tom Schreibers »Dr. Alemán« konfrontiert Hauptfigur und Zuschauer gleich zu Beginn mit blutigen Bildern von Kolumbien, die einerseits in ihrer Drastik realistisch wirken sollen, andererseits in ihrer Komprimierung aller Horrorvorstellungen, die Europäer über Drogenkartelle und ihre Opfer hegen, knapp am Klischee vorbeischrammen. Auch die weiteren Bilder und Situationen der Handlung folgen diesem Muster. Marcs Ausflüge in die Favelas von Cali, wo er die Kioskbesitzerin Wanda kennen und lieben lernt, und seine immer tiefere Verstrickung in die Auseinandersetzungen der Drogenbanden suggerieren eine Annäherung an das »wahre Cali«, konfrontieren den Zuschauer aber mit vielen stereotypen Bildern, die der Film nicht weiter hinterfragt.

Unklar bleibt bis zum Schluss, was Schreiber eigentlich erzählen will. Interesse an den Orten und Menschen Kolumbiens entwickelt der Film nur insoweit, als sie zur Profilierung der Hauptfigur dienen können, deren Faszination an keiner Stelle erzählerisch plausibel gemacht, sondern immer nur behauptet wird. Latino-Schönheiten verfallen dem Charme des Studenten aus Deutschland ebenso unerklärlicherweise wie ein hartgesottener Gangsterboss und einige Favela-Kids, die ihn zum Fußballspielen mit in ihr Viertel mitnehmen. Richtig schlimm wird’s dann zum Schluss, wenn der Film, statt die Ideale Marcs einer kritischen Prüfung zu unterziehen, ihn auch noch zum Helden eines Gangsterfilms stilisieren will.

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