Kritik zu Die Q ist ein Tier
Statt eines Dokumentarfilms: Tobias Schönenberg handelt die Frage, warum wir immer noch Fleisch essen, als Thesenfilm im Spielfilmformat ab
»Hätte es keine Schlachtabfälle gegeben«, sagt die Polizistin zum Schluss, »würde auch niemand drüber sprechen.« Nach etwas zu lange Schweigen, in dem ein ganzer Strauß von Entgegnungen steckt, antwortet der Polizist: »Wäre das so schlimm gewesen?«
»Die Q ist ein Tier« ist ein Thesenfilm, der keinen Hehl daraus macht, wohin die Reise gehen soll. Er kleidet sich in das Gewand einer Gesellschaftssatire, setzt seine faktenreichen Dialoge in einen fiktiven Rahmen und bringt so Positionen auf den Punkt, die nur wenige so klar hätten formulieren können. Das Drehbuch der Journalistin und Tierrechte-Aktivistin Hilal Sezgin ist viel schlauer, als es 50 Menschen hätten sein können, die man für einen Dokumentarfilm befragt hätte. In den Aussagen stecken jahrelange Recherche und ein profundes Wissen über beide Seiten des großen Fleischgrabens, in dem sich metaphorisch das ansammelt, was die Industrie noch übrig lässt. Das erbärmliche Quieken der Schweine und das hilflose Geschrei der Kälber.
Und das hört man, obwohl im Film nur darüber gesprochen wird. Es gibt keine Bilder von toten Tieren, von Schlachthaus-Batterien, gehäuteten Kadavern oder Schweinen mit gebrochenen Beinen. Es reicht, all das zu erwähnen, und die Bilder entstehen im Kopf und bleiben. Daran ändern auch die blumigen Fantasten, die die Aura retten wollen, oder knallharte Antikapitalisten nichts, die ebenso zu Wort kommen wie Menschen, die Salami einfach lecker finden.
Der fiktive Rahmen ist eine polizeiliche Ermittlung, bei der all diese Menschen befragt werden. Sie sitzen auf demselben Stuhl, im selben Licht und stehen doch für eine mehr oder minder nachvollziehbare Haltung. Dem Schlachthofbetreiber Werner Haas sind seine eigenen Schlachtabfälle in den Vorgarten gekippt worden. Dabei gibt es die in der Rundumverwertung gar nicht mehr. Und selbst als er die Anzeige zurückzieht, sind die Ermittlungen in vollem Gange, und eine dreckige Wahrheit dringt ans Tageslicht – unterstützt von einer Zeitungsvolontärin, die es sich noch leisten kann, tiefer und tiefer zu bohren, bis ihre Geschichte so fest auf dem Boden der Tatsachen steht, dass kein Ministerium mehr dagegen angehen kann.
Es ist schwierig, einen solchen durchweg richtigen Film zu bewerten, ohne seine Aussagen abzuschwächen. Natürlich essen wir zu viele, zu billige und auf grausame Weise hergestellte Fleischprodukte. Natürlich müssen wir die Tiere schützen, selbst wenn es sie ohne diesen großen Markt gar nicht geben würde. Denn nur sehr wenige Menschen, wie Hilal Sezgin, halten sich eine Schafherde nur, um sich daran zu erfreuen. Aber, und dafür tritt dieser Film in erster Linie ein, man sollte dringend einmal darüber nachdenken, ob und wie wir unseren Fleischkonsum verändern können.
Filmisch allerdings sind diese starre Bildlichkeit und das Hörspielhafte der Konstruktion ermüdend. Es gibt keine Lösung und damit auch keine wirkliche Emotion. Zu einer solchen muss der Zuschauer selbst finden.
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