Kritik zu Der Bauer und der Bobo – Wie aus Wut Freundschaft wurde
Ein Gerichtsurteil, ein Artikel und ein Video machten es möglich: Kurt Langbein liefert nun den Film zur Männerfreundschaft zwischen dem Wiener Journalisten Florian Klenk und dem Steiermark-Bauern Christian Bachler
»Lieber verrückt als einer von euch« – dieser stolze Satz prangt in weißen Großbuchstaben auf dem leicht durchgeschwitzten grauen T-Shirt des Bauern Christian Bachler, der in der malerischen Berglandschaft der Steiermark seine Kühe auf die Alm treibt. Den Hund hat er zu Hause gelassen, denn er weiß, dass eine Mutterkuh ihr Kalb fraglos gegen alles verteidigt, was ihr als Bedrohung erscheint. Und so stand er fassungslos da, als er von einem Urteil gegen einen Bauern hörte, den ein Gericht zu Schadenersatz verurteilte, nachdem dessen Kuh eine Ehefrau und Mutter getötet hatte.
Florian Klenk, Chefredakteur der Wochenzeitung »Falter« im fernen Wien, allerdings fand das Urteil als studierter Jurist ganz vernünftig und schrieb das auch in seinem Blatt. Daraufhin postete Christian Bachler ein kleines Video von seinem Hof, dem am höchsten gelegenen in Österreich, und beschimpfte Klenk fünfzehn Minuten lang aufs Vortrefflichste. Was er denn von der Landwirtschaft verstehe als einer, der das Rechthaben studiert habe, und ob er als Oberbobo, als Ökospießer, schon jemals wirkliche Existenzangst gehabt habe. Das saß.
Eine Viertelmillion User teilte das Video, und die Diskussion um eine umweltfreundliche Landwirtschaft hatte neuen Brennstoff. Klenk aber ging in sich, und als Bachler seine Tirade mit den Worten beschloss, er möge doch mal raufkommen auf den Berg und für ein paar Wochen mit ihm zusammen in der Landwirtschaft arbeiten, sagte er kurz entschlossen zu.
Herausgekommen ist eine ehrliche Freundschaft zwischen Klenk und Bachler, ein sehr lesenswertes Buch, »Bauer und Bobo«, und eben dieser Film. Er zeigt, dass zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Menschen sich doch schnell einig werden können, über Klimawandel, Fleischindustrie, Agrarpolitik und das Bankgeschäft. Als Bachlers Hof Ende 2020 vor dem Ruin stand, rief er mit Klenk zusammen eine Spendenaktion ins Leben. Innerhalb von nur 48 Stunden fanden sich 12 829 Spender, die bereit waren zu helfen, den Hof zu retten. 420 000 Euro, kamen so zusammen, der Hof ist heute schuldenfrei und Bachler in der Lage, sich, so wie er es immer schon wollte, für eine nachhaltige Landwirtschaft einzusetzen.
Eine Geschichte wie im Märchen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann mähen sie noch heute. Aber Kurt Langbein hat eben keinen Spielfilm gedreht, er hat den aufrüttelnden Plot als Ausgangsbasis genommen für einen Film, der mehr will als nur aufklären. Er zeigt zwei äußerst sympathische, wortmächtig unterhaltsame Menschen, die mit nachvollziehbaren Argumenten Wege suchen, damit einer der ältesten Berufe nicht ausstirbt und einer Lebensmittelindustrie Platz macht, die am Ende die Grundlage derer zerstört, die sie ernähren soll. Zwischen Wollschafen, Gänsen und Hühnern, oben in der idyllischen Bergwelt, die vor allem ein Tourismusziel ist, finden beide zusammen und suchen nach Antworten. Am Schluss kommt auch Bachler in die Wiener Großstadtwelt und lernt den »Falter« und die urbane Esskultur kennen. Klenk und Bachler sind sich sicher, dass es sich lohnt, mit Leuten zu reden, deren Meinung man erst mal nicht teilt.
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