Kritik zu Das System – Alles verstehen heisst alles verzeihen

© Filmlichter

2011
Original-Titel: 
Das System – Alles verstehen heisst alles verzeihen
Filmstart in Deutschland: 
12.01.2012
L: 
92 Min
FSK: 
12

Politthriller und Moralfabel in einem: Wie aus Ecstasyagenten erfolgreiche Kapitalisten-Mafiosi werden und ein Jugendlicher beinahe der Faszination der Macht erliegt

Bewertung: 2
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Eigentlich ein spannender Politstoff aus deutschen Landen: nach dem Systemcrash des Ersten Deutschen Arbeiter- und Bauernstaates werden aus Stasiagenten Wendehälse. Sie haben den Klassenfeind studiert, wissen, wie das Westsystem funktioniert, wie man Großprojekte akquiriert, Lokalpolitiker erpresst, persönliche Beziehungen manipuliert und ein Archiv alter Stasiakten dafür nutzt. Sie werden nach dem Mauerfall zu Waffenhändlern oder Autobahnplanern und schaffen es, das Wort »Treuhand-Gesellschaft« zum puren Zynismus zu machen.

Einer, der das exemplarisch durchexerziert, ist der smarte Konrad Böhm (Bernhard Schütz), ein Bauunternehmer aus Rostock. Eines Tages ertappt er Jugendliche dabei, wie sie in seine Villa einbrechen. Überraschenderweise ruft er nicht die Polizei, sondern macht sich anderntags an einen der Jugendlichen, den 21-jährigen Mike (Jacob Matschenz), heran. Er fährt mit ihm an den Ostseestrand und man weiß nicht genau, was er von ihm will. Böhm, der große Manipulateur, enthüllt die Vergangenheit Stück für Stück, als würde er Gift einträufeln: Er war Kollege und bester Freund von Mikes Vater, der unter mysteriösen Umständen verstarb. Nie hatte Mikes Mutter Elke (Jenny Schily) davon erzählt.

Böhm bemüht sich gerade darum, den Zuschlag für den Bau einer Gaspipeline durch Mecklenburg-Vorpommern zu ergattern. Er will Mike zu seinem Assistenten machen, bietet sich ihm als eine Art Vaterersatz an. Der misstrauische Mike schwankt und wankt, gewinnt aber Gefallen daran, sich mit Anzugund Krawatte zu kleiden und in die Welt der großen Deals eingeführt zu werden. Warnungen schlägt er erst mal in den Wind. Er genießt es, an der Hotelbar Whisky zu bestelltenund sich im inneren Zirkel der Macht zu  fühlen.

Stoff und Verführungsstory klingen im Aufriss spannend, referieren auf brisante politische Wirklichkeiten und bringen in ihrer moralisch-dramatischen Dimension Archetypisches ins Spiel: Machtgepränge, Verführung, Seelenverkauf. Irgendwie aber gelingt es Regisseur Marc Bauder, das Ganze wie eine aus Klischees zusammengeklebte »Polizeiruf«- Story aussehen zu lassen. Den Milieus fehlt atmosphärische Dichte, den Figuren charakterliche Komplexität, auch Bilder und Dialoge begnügen sich mit den vordergründigsten Schablonierungen.

Es entsteht eine inszenatorische Schematik, die schon in den ersten Szenen verhindert, dass man an der Geschichte wirklich Anteil nehmen möchte. Da werden die typischen »orientierungslosen Jugendlichen« nach dem Musterbuch des deutschen TV-Krimis vorgestellt. Wie reden sie miteinander? Im banalsten »He, Alter«-Jargon, mit der obligatorisch benuckelten Lost-Kid-Bierflasche in der Hand. Wo erzählen sie sich ihre Träume vom besseren Leben? Natürlich unter dem abendlichen Sternenhimmel auf der Dachterrasse des immer mit dem Adjektiv »trist« zu versehenden Plattenbau-Hochhauses. Einzig die Böhm-Figur gewinnt stellenweise diabolisches Funkeln, von Mikes innerem Drama wird kaum etwas spürbar.

Meinung zum Thema

Kommentare

Der schon langweilige Anfang bedarf wirklich Disziplin dranzubleiben. Nur die Neugier auf das damalige System und die vorausgegangene „brilliantes deutsches Drama“ Kritik konnten mich dazu überreden. Die Mutter-Sohn-Geschichte schien etwas tiefer einzutauchen, aber auch hier letztendlich Enttäuschung. Insgesamt oberflächliches „Lindenstrassengeplänkel“!

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