Kritik zu Come together. Dresden und der 13. Februar

© Barnsteiner

2012
Original-Titel: 
Come together. Dresden und der 13. Februar
Filmstart in Deutschland: 
24.01.2013
L: 
94 Min
FSK: 
12

Vom Umgang mit der Geschichte: Barbara Lubich hat einen Film über Dresden und das Gedenken der Stadt an die Bombardierung 1945 gemacht

Bewertung: 4
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Vergangene Ereignisse zählen zur Geschichte. Kommt es bei der Bewertung historischer Begebenheiten zum Streit, dann zeigt es sich, dass die Vergangenheit offenbar noch nicht ganz vergangen ist und in die Gegenwart hineinragt. Dies ist der Fall bei jenem alliierten Bombenangriff, der Dresden am 13. und 14. Februar 1945 zu einer Zeit in Schutt und Asche legte, als der Krieg doch eigentlich schon längst vorüber war: Doch was heißt hier »eigentlich«? Diese spannende Frage stellt Barbara Lubich ins Zentrum ihres bemerkenswerten Dokumentarfilms, der einen thematischen Bogen von der Nazipropaganda über die ostdeutsche Friedensbewegung bis hin zu den aktuellen Naziaufmärschen spannt.

Es dauert eine Weile, bis der Betrachter sich eingelassen hat auf diesen vielstimmigen Bericht, der Erinnerungen und Erfahrungen zahlreicher Zeitzeugen zu einem komplexen Mosaik verflicht. Come Together verzichtet auf belehrende Offkommentare. Der Zuschauer muss die Zusammenhänge selbst erschließen. Barbara Lubich bereitet den Stoff nicht im Stil einer weichgespülten Historiendoku à la Guido Knopp auf. Statt museale Rückblicke mit vergilbten Archivbildern aufzureihen, macht die Regisseurin deutlich, dass die Zerstörung der Sachsennmetropole ein Ereignis ist, um dessen Deutungshoheit seit jeher gekämpft wurde: Schon die SED-Propaganda nutzte die Bombardierung der Stadt zur ideologischen Instrumentalisierung: Ihr zufolge entsprach die Zerstörung dem Kalkül der Westalliierten, die damit den industriellen Wiederaufbau in der sowjetischen Zone schwächen wollten.

Mit einem spontan verfassten Flugblatt rief Johanna Ebischbach (heute Johanna Kalex) am 13. Februar 1982 vor der Dresdner Gedächtniskirche mehrere Tausend Menschen zusammen. Die pazifistische Mahnung »Nie wieder Krieg« schuf erstmals eine Distanz zur offiziellen DDR-Geschichtsschreibung, gemäß der die Zerstörung der Stadt im Kontext eines Lagerdenkens verankert war. Von hier aus knüpft der Film einen Zusammenhang mit einem Vortrag, den der Auschwitzleugner David Irving am 13. Februar 1990 in Dresden hielt. Der revisionistische Historiker deutete die alliierte Bombardierung zu einer modernen Dolchstoßlegende um. Fortan marschierten zum Jahrestag die Neonazis auf, die Dresden für ihre Symbolik zu vereinnahmen versuchten: Dabei soll die Bombardierung der Stadt aus dem Kontext der NS-Verbrechen isoliert werden.

Der visuell aufwendig gestaltete Film dokumentiert unter anderem die Blockaden der Gegendemonstranten, die offiziell als Rechtsbrecher gelten. Auf sensible Weise macht der Film deutlich, dass das historische Ereignis, um dessen Deutung sogar im sächsischen Landtag gestritten wird, eine offene Wunde ist. Dies dokumentiert die beeindruckende Szene einer offiziellen Kranzniederlegung auf dem Dresdner Heidefriedhof. Als dabei ein Nazikranz direkt neben einen jüdischen Kranz gelegt wird, kommt es zum Eklat: Geschichtsverdrängung erhält hier eine konkret dingliche Dimension. Mit Bildern dieser Art hält der sperrige und aufschlussreiche Film den Zuschauer über 90 Minuten in Atem.

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