Kritik zu The Cleaners

© Farbfilm Verleih

2018
Original-Titel: 
The Cleaners
Filmstart in Deutschland: 
17.05.2018
L: 
88 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Wer entscheidet, was in den sozialen Medien veröffentlicht werden darf? Hans Block und Moritz Riesewieck porträtieren in ihrem ersten Dokumentarfilm die Tätigkeit der »Content Moderators«

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Aus einem Büro hoch über der Stadt geht der Blick über das nächtliche Manila. Splitscreen-Aufnahmen verleihen der Szenerie einen fast schon irrealen Touch. Die anonymen Bürotürme, deren große Fenster die ganze Nacht über erleuchtet sind, verleihen der Stadt etwas von einem riesigen Filmset. Sie scheint wie geschaffen für einen düsteren Neo-Noir-Thriller oder auch für eine dystopische Zukunftsvision. Mit eben diesen ­Assoziationen spielen die Dokumentarfilmer Hans Block und Moritz Riesewieck, und das nicht nur in den ersten Einstellungen von »The Cleaners«. Ihr Film über die düsteren Seiten der sozialen Medien nähert sich gelegentlich der Genreerzählung an. Allerdings verschieben sie den Fokus. ­Ihre tragischen Anti-Helden würden in den ­üblichen Spielfilmen nur Randfiguren abgeben, als Informanten für den zentralen Helden.

Im Zentrum von »The Cleaners« stehen die sogenannten »Content Moderators«, die darüber entscheiden, ob Videos und Fotos, die in den sozialen Netzwerken hochgeladen werden, stehen bleiben dürfen oder gelöscht werden. Ihre Aufgabe ist es, Netzwerke wie Facebook und Twitter »sauber« zu halten. Sie sind es, die uns davor bewahren, dass Enthauptungsvideos oder (kinder)pornografisches Bildmaterial, um nur zwei Extreme zu nennen, in unseren Timelines auftreten. Und sie sind es natürlich auch, die dafür sorgen, dass Aktgemälde keinen Platz auf Facebook finden. Damit ist der zentrale Widerspruch ihrer Arbeit umrissen. Auf der einen Seite ist ihre Arbeit notwendig, damit Videobotschaften von Terroristen nicht unkontrolliert verbreitet werden. Auf der anderen Seite üben sie mit ihren im Sekundentakt getroffenen Entscheidungen, bei denen es nur Schwarz oder Weiß, »Delete« (Löschen) oder »Ignore« (Ignorieren), gibt, ohne Zweifel eine Form von Zensur aus.

Die großen Tech-Konzerne wie Facebook oder Google lagern die Überprüfung der auf ihren Seiten veröffentlichten Inhalte konsequent an Fremdfirmen aus, und die sitzen nicht selten in Schwellenländern, in denen Arbeitskräfte billig und jederzeit wieder zu ersetzen sind. »Content Moderation« hat sich zu einem riesigen Industriezweig mit zigtausenden Angestellten entwickelt, von denen die meisten in Manila leben. Dort haben Block und Riesewieck vornehmlich recherchiert. Im Prinzip dürfen die »Content Moderators« nicht über ihre Arbeit sprechen. Sie unterschreiben rigide Geheimhaltungsvereinbarungen, die ihnen sogar verbieten, zu sagen, ob sie nun für Facebook, Twitter oder Instagram tätig werden. Trotzdem haben sich einige von ihnen bereit erklärt, von ihrer Arbeit und dem Druck, dem sie ausgesetzt sind, zu erzählen.

Diese Interviews fügen sich zu einem ebenso faszinierenden wie verstörenden Zeitporträt zusammen. Nicht wenige der »Content Moderators«, die für einen Mindestlohn arbeiten und nur äußerst unzureichend ausgebildet wurden, sind davon überzeugt, dass sie das Böse in der Welt bekämpfen. Sie sprechen mit einer fast schon religiösen Inbrunst von den Übeln der ­modernen Welt und der Notwendigkeit ­ihrer Arbeit. Aber sie befreien uns eben nicht nur von unseren Sünden, sie bauen auch an einer gleichgeschalteten Welt, in der die Vorgaben einiger Großkonzerne darüber entscheiden, welche Informationen wir bekommen, welche Kunst wir sehen dürfen und was politisch akzeptabel ist.

Zu dem vielfältigen Material, das Block und Riesewieck rund um den Globus zusammengetragen haben, gehört auch eine Rede Mark Zuckerbergs, in der er seiner Anhängerschaft verkündet, dass er gemeinsam mit allen Facebook-Nutzern die Welt verändern will. »The Cleaners« zeigt, dass ihm das schon gelungen ist. Allerdings sind die Veränderungen, die die sozialen Medien uns gebracht haben, keineswegs nur ein Segen. So weisen Block und Riesewieck auch darauf hin, wie Internetkonzerne um des Profits willen gemeinsame Sache mit autoritären Regimen machen und ihre Seiten in deren Sinne zensieren.

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