Kritik zu Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest
Agnès Jaoui verfilmt zum fünften Mal ein Drehbuch, das sie zusammen mit Jean-Pierre Bacri geschrieben hat und das von den ganz normalen Enttäuschungen des privilegierten Pariser Medienmilieus handelt
Im Kunstkanon der besten Filme des neuen Jahrtausends wird man ihre Komödien nicht finden, aber für ein bestimmtes Publikum ist das, was Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri als Regie- und Drehbuchteam geschaffen haben, prägender als sämtliche Oscarpreisträger. Mit »Lust auf anderes« im Jahr 2000, Jaouis Regiedebüt, landete das gemeinsam schreibende, spielende und damals auch noch zusammenlebende Schauspielerpaar einen echten Programmkinohit. Die nachfolgenden »Schau mich an!« (2004) , »Erzähl mir was vom Regen« (2008) und »Unter dem Regenbogen« (2013) konnten alle an den großen Erfolg nicht ganz anschließen, aber wer Geschmack gefunden hatte an ihrer Art und Weise, das Leben zu betrachten, kam doch in all diesen Filmen auf seine Kosten. Obwohl sie im durchaus privilegierten Pariser Milieu der Kreativen und Gebildeten spielen, brachten die Filme auf humorvolle Weise immer auch ein paar unangenehme Wahrheiten über Konkurrenz, Neid und die Illusion der Liebe auf den Punkt.
So ist man versucht, die Mischung aus Sarkasmus und Melancholie, mit der »Champagner & Macarons« wieder eine Gruppe von Menschen durch allerlei Schicksalsschläge hindurch begleitet, als bewährt zu beschreiben. Sicher, so frisch wie einst wirkt das nicht mehr, wie Jean-Pierre Bacri hier den alternden Star-Moderator gibt. Eigentlich ein großer Unsympath, eitel (Bacri trägt für die Rolle ein geradezu irritierend gut sitzendes Toupet) und zynisch, lässt Bacri einmal mehr die tieferliegenden Unsicherheiten seiner Figur so plausibel durchscheinen, dass man ihn doch wieder als Identifikationsfigur akzeptiert. Auch Jaouis Art, die Frau mit unausgelebten Wünschen zu spielen, erscheint vertraut aus den vorherigen Filmen. Aber für sie wie für den großen Rest der Figuren gilt zugleich, dass sie jeweils so präzis geschrieben sind und ihre Rollen mit solcher Sorgfalt gestalten, dass die Palette der verhandelten Gefühle nicht weniger als einen Gesellschaftsroman ergibt.
Die Filmhandlung spielt an einem einzigen Abend: Nathalie (Léa Drucker) hat zum Gartenfest auf ihren Landsitz bei Paris geladen. Sie ist eine erfolgreiche Producerin, und die Gästeliste umfasst dementsprechend neben ihrer Schwester Hélène (Jaoui) eine ganze Reihe von namhaften Medienschaffenden. Der prominenteste von ihnen ist Castro (Bacri), zugleich Hélènes Ex und berühmt für eine Promi-Interviewsendung. Castro befindet sich gleich mehrfach in der Krise: Die Hörerzahlen sinken, der Sender will ihn fallen lassen, seine jüngere Lebensgefährtin hat wahrscheinlich einen anderen und die Tochter hat ein böses Buch geschrieben, in dem man ihn als Vorlage gut erkennt. Den Freunden und Feinden um ihn herum geht es im Grunde nicht viel besser – im selbstverständlich pannenreichen Verlauf des Abends erleben auch andere so manch emotionalen Reinfall. Allerdings gönnt man keinem den Niedergang so sehr wie Castro. Und dann kommt es doch wieder anders. Was Jaoui und Bacris Handschrift unterscheidet von anderen gefälligen Gesellschaftskomödien ist ein fast zynisches Feingefühl für ausgleichende Gerechtigkeit.
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