Kritik zu A Blast – Ausbruch
Ein Land am Rande des Zusammenbruchs: In Syllas Tzoumerkas' raffiniert gebautem Familiendrama wird die griechische Krise von innen her seziert
Krisenkino, wütend und unerbittlich. Das Private und das Politische sind untrennbar verbunden in A Blast, es gibt keinerlei Abgrenzung zwischen dem persönlichen Schicksal und den ökonomischen Verhältnissen, zwischen eigener und kollektiver Verantwortung, zwischen dem Zerbrechen eines Lebens und dem eines ganzen Landes. Griechenland steht in Flammen, und das ist, in der zweiten Regiearbeit von Syllas Tzoumerkas nach dem ähnlich intensiven Homeland, sowohl metaphorisch als auch konkret gemeint. Die Wälder brennen, in den Familien lodert es, und nicht mehr lange, dann liegt alles in Schutt und Asche.
Der Film ist gebaut wie ein Thriller und verschachtelt wie ein Film noir. Alles beginnt mit der finsteren Konsequenz – Brandstiftung! –, und erst danach arbeiten wir uns durch ein desorientierendes Vor und Zurück, um allmählich zum Wieso und Warum zu kommen. Im Zentrum steht Maria (entschieden: Angeliki Papoulia), eine wahrhaft schillernde Figur. Einmal, noch ziemlich am Anfang, sehen wir sie beim Boxtraining auf einen Sandsack eindreschen, und schon da wird klar, dass diese Frau trotz ihres fragilen Äußeren vor Kraft und Beharrlichkeit strotzt. In all den kryptischen Szenen, die sich erst ganz allmählich zu einer Geschichte fügen wollen, gewinnt sie immer neue Facetten: derb und hysterisch im Umgang mit ihrer Schwester Gogo (Maria Filini); frisch und dynamisch als angehende Jurastudentin; aufbrausend und schroff gegenüber dem vergreisten Vater und der distanzierten Mutter; sinnlich und sexy beim Liebesspiel mit ihrem Mann, dem Matrosen Yannis (Vassilis Doganis); rigoros bis an den Rand des Brutalen in der Konfrontation mit Banken und Behörden.
Reduziert auf die Chronologie, erzählt A Blast ein eher typisches Ehe- und Hausfrauendrama: Maria, einst hoffnungsvoll und voller Pläne, opfert sich erst für Mann, Kinder und Eltern auf, um dann mit Gleichgültigkeit, Untreue und Entfremdung zu kämpfen. Tzoumerkas aber schafft es dank der zwar nicht wirklich originellen, aber souverän umgesetzten Rückblendenstruktur, das Geschehen spannend und raffiniert zu transportieren. Außerdem verzahnt er das Drama seiner Protagonistin so eng mit der griechischen Misere, dass ihr titelgebender Ausbruch schließlich einer explosiven Mischung aus emotionalen und finanziellen Nöten geschuldet ist. Maria leidet gleichermaßen unter der ständigen Abwesenheit Yannis' und unter der Bredouille, in die ihre Familie geraten ist – übrigens weitgehend aus eigenem Verschulden. Ihre Radikalisierung erscheint als quasi notwendige, alternativlose Konsequenz aus der doppelten Katastrophe.
Zweifellos macht Tzoumerkas Holzhammerkino; fast jede seiner mit rastloser Handkamera gedrehten Szenen hat eine Botschaft, und der ganze Film ist ein Rundumschlag ohne Zwischentöne und Subtext. Dabei ist er jedoch so eindringlich, schlüssig und authentisch, dass man sich seiner beklemmenden Atmosphäre und seinem heißblütigen Furor kaum entziehen kann.
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