Kritik zu Anleitung zum Unglücklichsein
Sherry Hormann hat Paul Watzlawiks Lebenshilfe-Sachbuch auf betont überspannte Weise verfilmt, indem sie Johanna Wokalek als sich selbst im Weg stehende Deli-Wirtin über den Parcours von Wenns und Abers schickt
1983 veröffentlichte der österreichische Kommunikationswissenschaftler, Therapeut und Philosoph Paul Watzlawick mit seiner »Anleitung zum Unglücklichsein« ein Sachbuch über die menschliche Kunst, sich selbst im Weg zu stehen, ein Buch, das zugleich eine Parodie auf den Irrsinn moderner Ratgeberliteratur sein sollte, die in den 80er Jahren noch lange vor ihrem heutigen Höhepunkt stand. Diesen Tonfall des nicht ganz Ernstgemeinten übernimmt nun auch Sherry Horman in ihrer Verfilmung, die wohl auch ein durchaus probates Gegenmittel zum harten Thema der Frauenbeschneidung in ihrem letzten Film Wüstenblume sein dürfte. Alles, was hier zu sehen oder zu hören ist, wirkt absichtsvoll ein wenig künstlich, übertrieben, vorgeführt und ausgestellt, um einfach nur selbstverständlich und natürlich zu erscheinen: Das schmucke Deli, das Tiffany Blechschmid (Johanna Wokalek) in einem Berliner Szenebezirk führt, ist ein kleines bisschen zu perfekt ausgestattet, die Einrichtung ihrerkleinen Wohnung ein bisschen zu schnuckelig exzentrisch geraten, ihre Garderobe ein bisschen zu verspielt adrett, die Schauspieler artikulieren ihre Sätze ein bisschen zu affektiert und bewegen sich dabei immer ein bisschen wie aufgezogen. Allein Michael Gwisdek bereichert die Szenerie mit einer schrulligen Nachdenklichkeit, die authentisch wirkt, schon weil er inzwischen einfach Übung darin hat, einem Film im größten Chaos noch einen erdenden Ruhepol zu verschaffen.
Ein Ort, einige Personen und mehrere Versuchsanordnungen um das Motiv der sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Warum neigt der Mensch so konsequent dazu, sein eigenes Unglück heraufzubeschwören? Das trifft exemplarisch auf Tiffany zu, die um sich herum ein kleines, perfektes Universum erschaffen hat, mit altmodisch heimeliger Einrichtung, leckeren Mittagsgerichten, liebevoll hergestellten Glückskeksen und einem kleinen skurrilen Ensemble von Küchenhelfern und Kellnern, in ihren Gedanken aber doch immer nur das Schlimmste kommen sieht. Wenn schon so einfache Dinge wie die Montage der Tafel mit den wechselnden Tagesgerichten eine unüberwindliche Hürde darstellt, nicht auszudenken welche Katastrophen die Suche nach einem Lebenspartner bereiten würde. Sicherheitshalber hat sich Tiffany also auf ein Singleleben eingestellt, wobei schwer zu glauben ist, dass Johanna Wokalek hier eine junge Frau spielt, die nicht besonders hübsch aussehen soll und mit Minderwertigkeitskomplexen und Unsicherheiten ringt, die ihr Leben allen Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz immer wieder aus ihren sicheren Bahnen katapultiert.
Dass der Geist ihrer längst verstorbenen, aber dennoch äußerst umtriebigen und notorisch besserwisserischen Mutter (Iris Berben) ununterbrochen durch ihre Wohnung geistert und in allen Lebenslagen mit Ratschlägen dazwischen funkt, macht die Sache nicht einfacher. Allem Zweckpessimismus zum Trotz läuft die Geschichte über einen aberwitzigen Parcours der Umwege am Ende dennoch in den sicheren Hafen eines Happy Ends ein.
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