Kritik zu Act of Valor
Die amerikanischen Navy Seals sind kürzlich in die Schlagzeilen gekommen, weil sie Osama Bin Laden zur Strecke gebracht haben. Jetzt versucht das Regiegespann Mike McCoy und Scott Waugh, dieser Elitetruppe ein actionreiches Denkmal zu setzen
Real, echt, wahr: der Film flirtet nicht nur mit der Authentizität, er haut sie dem Zuschauer um die Ohren. Man begleitet hier echte, noch aktive Elitesoldaten in einer fiktiven Geschichte, die natürlich auf wahren Begebenheiten beruht. Man sitzt förmlich als embedded Zuschauer in den Helmkameras der kämpfenden Soldaten. Real, echt, wahr: das ist hier eine einzige Lüge. Die Authentizität, sowieso überstrapaziert im Kino, ist nur leere Behauptung. Der Film von McCoy und Waugh imitiert TV-Bilder und Überwachungskameras. Seine bald ermüdende Actionästhetik ist dem Computerspiel verpflichtet.
Im Grunde ist Act of Valor gar kein Kriegsfilm. Er ist Stunt-Action, home movie und vor allem Werbefilm: für das US-Militär und für jegliche digitale Technik. Vielleicht ist er der verzweifelte Versuch, Reklame für die Spezies der Helden zu machen. Die Helden ohne Furcht und Tadel, das sollen die Navy Seals sein. Zwei unter ihnen werden herausgestellt: Chief Dave und Lt. Rorke, verkörpert von echten Seals. Das Heldenspiel ist also ein Laienspiel. Der Hintergrund der Elitetruppe bleibt Fragment. Alle scheinen glücklich verheiratet. Sie lieben Amerika als Idylle am Strand, als gefährdetes Surfparadies. Diese Helden bleiben Schattenrisse, ihre Nobilität ist langweilig und bieder.
Reizvoll ist immerhin, wie der Film die Helden und die Schurken einander gegenüberstellt. Die Bösen, das sollen internationale Terroristen und Kriminelle sein, die, an James-Bond-Schurken erinnernd, schillernder gezeichnet sind als die Guten: Wo die Guten alles füreinander tun, opfern sie moralfrei jeden dem diffusen Hass (oder der Hassliebe) auf Amerika. Zwei Oberschurken werden herausgestellt: ein islamistischer Terrorist namens Abu Shabal und ein gerissener Waffenhändler. Beide, Freunde seit Kindheit, stammen aus der ehemaligen Sowjetunion. Ist der Kampf gegen den Terror eine Fortsetzung des Kalten Krieges? Shabal ist ein Konvertit; um alles abstrus und kompliziert zu machen, ist der Waffenhändler ein Lebemann jüdischer Herkunft.
Es sind diese schrägen Momente irgendwo zwischen Naivität, Verstörung und Kalkül, die den Film ein wenig interessant machen. Bizarr ist etwa auch, dass einer der Seals abstrakte Kunst liebt (weil sie abstrakter Action gleicht?), während sich Shabal mit klassischer Musik auskennt. Eine gewisse trashig-schamlose Poesie, die dem Drehbuchautor Kurt Johnstad (»300«) geschuldet ist, kennzeichnet auch die Offerzählung, die den Film strukturieren soll. Es handelt sich dabei um eine melancholische Vorausblende: der Offtext ist der Brief eines Seals an den kleinen Sohn seines gefallenen Kameraden. Die Poesie verpufft jedoch, weil nie eine tragische oder mythische Dimension entsteht.
Enttäuschend ist dann auch das Ende des Films, eine Beerdigung auf einem Militärfriedhof. Das ist in vielen amerikanischen Kriegsfilmen ein Topos des Patriotismus, des Schmerzes, des Zweifels, des Friedens. Hier ist es nur ein leeres Ritual. Wie sehnt man sich bei diesem Film nach Raoul Walsh, John Ford, Sam Peckinpah oder Lewis Teague – Regisseuren, die den US-Soldaten in seiner ganzen Komplexität gezeigt haben.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns