Kritik zu 7 oder Warum ich auf der Welt bin

© Starost Film

Kindheit, Erwachsenwerden und Tod – das sind, unter vielen anderen, Themen, mit denen sich sieben Kinder in der neuen Dokumentation von Antje Starost und Hans Helmut Grotjahn befassen. Mit teilweise verblüffenden Ergebnissen

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Wie ein kleiner Superman steht der neunjährige Basile vor der futuristischen Kulisse des Pariser Stadtteils La Défense. Ein Junge, der – so suggeriert es das Bild – den Kampf mit der Zukunft erfolgreich bestreiten wird. Dies gilt auch für die anderen Kinder in diesem Film, für Albrecht und Jonathan aus Berlin, die Schwestern Vivi und Vici aus Hof, deren Familie aus Bulgarien stammt, das Indiomädchen Vanessa aus Ecuador, das einmal Ärztin werden möchte, und die siebenjährige Deutsch-Griechin Chrysanthi, die von sich sagt, dass sie schwere Fragen liebe. Sie alle entwickeln vor der Kamera der Berliner Dokumentarfilmer Antje Starost und Helmut Grotjahn Gedanken zu ihren Ängsten und Träumen wie zu den »letzten«, den existenziellen Dingen. Die Antworten sind oft überraschend, pfiffig und spontan, zuweilen auch ein wenig altklug und sentenziös oder auch bloß banal. »Der Mensch ist zugleich Sprosse und Bedrohung«, sagt der zehnjährige Jonathan. »Er ist Blüte und Winter. Er kann die Erde zerstören, aber auch besser machen.« Basile findet es wichtig, dass wir »den Planeten respektieren«. Gemeinsam ist ihnen, dass sie der Welt mit intellektueller Neugier, aber auch großer Ernsthaftigkeit begegnen, oft bedingt durch eigene Erfahrung. Im Leben von Vivi und Vici etwa ist die Erinnerung an den kleinen Bruder stets gegenwärtig, der Jahre vor ihrer Geburt bei einem Autounfall ums Leben kam.

»Den Kindern beim Denken zuschauen«, »das Universum der Kinder erforschen«, ist das große Anliegen der Filmemacher, die selbst in Wort und Bild nicht in Erscheinung treten. Ihr Film wirkt dabei wie ein Antidepressivum. »7 oder Warum ich auf der Welt bin« mit seinen sympathischen Protagonisten aus offenbar intaktem familiärem Umfeld ist geradezu ein Gegenentwurf zu Erziehungsnöten, Pisa-Elend und Integrationsmisere. Doch hier liegt auch ein Problem des Films. Es ist ein recht begrenztes Universum, das da erforscht wird, mit Kindern aus – wie es im Pädagogendeutsch heißt – bildungsaffinen Milieus mit gut sortierten Bücherregalen. Es sind die, die im Licht stehen. Das muss man dem Film nicht vorwerfen, zumal es Dokumentationen zuhauf gibt, die sich mit denen im Dunkeln befassen. Über Auswahlkriterien und Erkenntnisinteresse hätte man aber doch gerne mehr erfahren. Zugleich ist besagtes Universum merkwürdig kontextfrei. Man sieht die Kinder ausschließlich allein, auch wenn sie nicht sprechen, sondern symbolträchtig in Natur- oder Stadtlandschaften hineingestellt sind, als gelte es, einen Reigen von jungen Talenten zu präsentieren.

»Kinder nehmen uns mit in ihre Welt«, heißt es weiter. Doch je länger der Film dauert, desto mehr hat man den umgekehrten Eindruck, dass es nämlich eher die Fragen von Erwachsenen sind, mit denen die Kinder konfrontiert werden. Die Abfolge der Antworten lässt die filmische Komposition statisch und redundant erscheinen. Ein lebendiger, dialogischer Zusammenhang kommt kaum zustande. Das virtuose Solo am Schlagzeug, das Vivi am Ende hinlegt, wirkt da wie ein kleiner Befreiungsschlag.

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