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Nicolas Cage
Sonst eher ein Ort für Begegnungen mit Filmschaffenden in einem kleinen Rahmen, stand das diesjährige Oldenburger Filmfest im Zeichen des Starrummels
Nicolas Cage war gekommen, um seinen Stern auf dem »Walk of Fame« zu enthüllen und sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen. Da wehte tatsächlich ein Hauch von Hollywood durch die Stadt, angeheizt von der Lokalzeitung, die »700 Fans« bei dem Ortstermin ausmachte und es sich nicht nehmen liess, den Schauspieler an drei aufeinander folgenden Tagen mit einem Bild auf ihrer Titelseite präsent zu halten, während Cage beim Stadtbummel und auch noch bei seiner Abreise vor dem Hotel für Selfies posierte.
Da konnte man sich natürlich fragen, ob die Oldenburger ihn alle aus seinem »Oscar«-prämierten Auftritt in »Leaving Las Vegas« (der in einer Gala im Staatstheater gezeigt wurde) kannten oder ob es sich bei den Jüngeren alle um regelmäßige Videothekenkunden handelte – denn dort erleben die meisten Filme des arbeitswütigen Mimen heute ihre deutsche Premiere. Egal, die drei Vorstellungen mit Cage-Filmen waren bereits zu Beginn des Festivals ausverkauft. Dass Cage, der keinen aktuellen Film zu promoten hatte (sieht man von seiner schönen Nebenrolle in »Snowden« ab), nach Oldenburg kam, verdankte sich, wie zu erfahren war, übrigens dem Oldenburger Netzwerk: Deborah Kara Unger, seit Jahren Stammgast in Oldenburg, soll ihn bei gemeinsamen Dreharbeiten für einen Besuch gewonnen haben.
Glücklicherweise wollten die Oldenburger nicht nur Cage sehen: auch die Filme mit seiner Schauspielkollegin Amanda Plummer, der neben Cage in diesem Jahr der zweite Tribute gewidmet war, erfreuten sich eines großen Publikumsinteresses, ebenso »Die Liebenden« (mit Catherine Deneuve und ihrer Tochter Chiara Mastroianni) von Christophe Honoré, dem die diesjährige Retrospektive galt, aber auch zwei unabhängige deutsche Produktionen. Während »Hey Bunny«, das Regiedebüt der beiden Schauspieler Lavinia Wilson und Barnaby Metschurat sich als überdrehter Film um Glückshormonforschung, entlaufene Versuchskaninchen, dysfunktionale Familienverhältnisse und einen Computerhack erwies und dabei zugleich von der Lust am Geschichtenerfinden erzählte, bestach der jüngste Film des Oldenburgers Andreas Schaap, »Das letzte Abteil«, durch die kontrollierte Erzählweise: nach einem Lawinenunglück sind sechs Menschen in einem Zugabteil verschüttet und schwanken zwischen gegenseitigem Misstrauen und Hilfsbereitschaft. Was zeitweise wie ein Thriller mit Horrorelementen wirkt, erweist sich am Ende als großes Drama um ethische Fragen.
Mit Christophe Honoré, von dessen bislang zehn Filmen sechs in Oldenburg gezeigt wurden, widmete das Festival seine Retrospektive einem jüngeren Filmemacher, dessen Filme in deutschen Kinos kaum gezeigt wurden. Honoré lotet in seinen Arbeiten die Beziehungen zwischen den Figuren präzise aus, tut das aber in ganz unterschiedlichem Rahmen: vom digital gefilmten Kammerspiel »Mann im Bad« über das Ende einer schwulen Beziehung, bis zum prominent besetzten, beschwingten Musical »Die Liebenden«. Das gilt auch für seine jüngsten beiden Filme, die in Oldenburg erstmals in Deutschland gezeigt wurden: wo »Métamorphoses«, inspiriert von Ovids gleichnamigen Werk, in Naturmystik schwelgte, erwies sich »Les malheurs de Sophie«, die Verfilmung eines französischen Kinderbuchklassikers, als opulenter Kostümfilm über ein kleines Mädchen, das mit ihrem Verhalten immer wieder Grenzen austestet.
Honoré war leider zur Festivalhalbzeit schon wieder verschwunden, auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn, Protagonist des Films »Foreign Affairs«, war nur bei der ersten Aufführung des Films anwesend, am nächsten Tag wartete in Berlin schon wieder die Politik auf ihn. Zusammen mit Regisseur Pasha Rafiy traf er auf ebenso zahlreiche wie wissbegierige Zuschauer und erwies sich beim anschließenden Filmgespräch als ebenso witzig und entspannt wie im Film selber, der mit seinen sorgfältig komponierten Cinemascopeeinstellungen einiges vom Politikbetrieb vermittelte und dabei ganz ohne Kommentar oder Statements auskam.
Als ebenso auskunftsfreudiger Festivalgast erwies sich auch der amerikanische Filmemacher Larry Fessenden, der bereits mehrfach mit seinen Filmen zu Gast in Oldenburg war. Mit seiner Firma Glass eye pix ist Fessenden gewissermaßen eine Ein-Mann-Filmindustrie: nicht nur Regisseur, sondern auch Produzent, Cutter und Kameramann, zudem in seinen eigenen Filmen, ebenso wie in denen anderer Filmemacher, auch regelmäßig vor der Kamera präsent. Als Schauspieler war er in Oldenburg in dem Western »In a valley of violence« zu erleben, dem ersten Nicht-Horrorfilm des Regisseurs Ti West (dessen vorangegangene Filme Fessenden produziert hatte), einem mit Ethan Hawke und John Travolta prominent besetzten düsteren Werk. Vor allem aber war Fessenden in Oldenburg, um die Weltpremiere von »Stray Bullets« zu präsentieren, dem Regiedebüt seines gerade einmal 16jährigen Sohnes Jack, bei dem der Vater als Produzent, Darsteller und Kameramann agierte. »Stray Bullets« erwies sich als höchst reifes Werk, das vom Aufeinandertreffen zweier Teenager (den einen verkörperte der Regisseur selber) und dreier Profigangster erzählte.
Einen ungewöhnlichen Film legte auch Anna Biller mit »The Love Witch« vor: schon das erste Bild mit seinen kräftigen Technicolorfarben versetzt den Zuschauer in die mittsechziger Jahre, wo eine moderne Hexe in Kalifornien ihrem Handwerk nachgeht. Den Publikumspreis gewann am Ende der türkische Film »The Apprentice« von Emre Konuk, eine kafkaeske Geschichte um einen Mann, dessen Verfolgungswahn durch eine Kette von seltsamen und durchaus bedrohlichen Ereignissen genährt wird. Am Ende konnte das Festival mit über 17000 Besuchern sein bisher erfolgreichstes Jahr bilanzieren.