Kritik zu Man lernt nie aus
Nancy Meyers variiert ihr Erfolgsrezept und stellt statt einer Romanze die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einer jungen Geschäftsfrau (Anne Hathaway) und einem Rentner (Robert De Niro) in den Mittelpunkt ihres neuen Films
Eine Handschrift haben viele Regisseure. Aber eine waschechte, weithin wiedererkennbare Marke zu sein, das gelingt dann, zumal im Mainstream, doch den wenigsten Filmemachern. Die Bezeichnung »Ein Film von Nancy Meyers« ist allerdings genau das. Fällt der Name der Amerikanerin – in Zuschauerzahlen gemessen eine der erfolgreichsten Frauen in ihrer Zunft – hat man als Kinogänger sofort Bilder vor Augen: idyllische weiße Anwesen der oberen Mittelschicht, mit gepflegten Gärten und einer geschmackvollen Einrichtung in Beige und Crème, in denen sich die meist nicht mehr ganz jungen Protagonisten an neue Versuche in Sachen Leben und Liebe wagen. Dass auch Man lernt nie aus, Meyers' sechste Regiearbeit, dieses durch »Was das Herz begehrt« oder »Wenn Liebe so einfach wäre« bewährte Erfolgsrezept nur dezent verändert, versteht sich von selbst.
Nach Diane Keaton, Jack Nicholson und Meryl Streep ist nun Robert De Niro die nächste Leinwandlegende, der unter Meyers' Anleitung eine zweite Chance vergönnt ist. Was zunächst einmal beruflich gemeint ist, denn als verwitweter Pensionär Ben versucht er mit Hilfe eines Praktikantenprogramms für Rentner, die selbst in New York beträchtliche Langeweile zu vertreiben. Der 70-Jährige landet bei der Onlinemodefirma von Jules (Anne Hathaway), die von Investoren umworben wird, aber viel zu sehr mit dem Alltagsgeschäft zu tun hat, um sich strategischen Neuausrichtungen zu widmen. Eigentlich ist Ben hier fehl am Platz, schließlich hat er weder von Computern noch von Mode eine Ahnung. Doch als Jules erkennt, dass manchmal Lebenserfahrung und gesunder Menschenverstand mehr wert sind als der zielstrebigste Lebenslauf, steht einer gerade wegen ihrer Gegensätze erfolgreichen Arbeitsfreundschaft nichts im Wege.
Eine Protagonistin unter 40? Das hippe Brooklyn als Setting statt der gediegenen Hamptons? Steht die Marke Nancy Meyers mit »Man lernt nie aus« womöglich also doch vor einem Relaunch? Weit gefehlt. Zwar tritt das Romantische angesichts der platonischen Beziehung zwischen De Niro und Hathaway dieses Mal in den Hintergrund, doch das heißt nicht, dass nicht beide Figuren in allerlei amouröse Abenteuer involviert werden. Ganz zu schweigen davon, dass die Regisseurin nach wie vor ein Herz für vorhersehbare Drehbuchentwicklungen und Weichzeichneroptik hat.
Wirklich großes Kino mag anders aussehen, aber nicht nur seiner gut aufgelegten Hauptdarsteller wegen ist Nancy Meyers' Arbeit mehr denn je eine nicht unangenehme Ausnahmeerscheinung. Wo Hollywoodkomödien dieser Tage entweder in die Kategorie Prollhumor fallen oder immer die gleichen Beziehungsgeschichten erzählen, erinnert »Man lernt nie aus« jenseits von Schenkelklopfern an das Genre der Workplace-Comedies – und daran, dass auch Erwachsene gerne ins Kino gehen. Dass hier obendrein eine junge Frau als Firmenchefin gezeigt wird, deren Mann fürs Kind zu Hause bleibt, reicht zwar noch nicht für eine Feminismusplakette, gibt aber ohne Frage zusätzliche Sympathiepunkte.
Kommentare
Man lernt nie aus
Workplace-Comedies?
Was ist das?
Man lernt nie aus, immer wieder neue Fremdwörter.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns