Kritik zu Die Gärtnerin von Versailles

© Tobis

Der Sonnenkönig, sein Gärtner Le Nôtre und die Gärtnerin, die es nie gegeben hat, sind die Hauptakteure dieses britischen Kostümfilms, bei dem Alan Rickman Regie führte und mit französischem Flair experimentiert

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.666665
3.7 (Stimmen: 3)

Vom Fenster aus lässt sich beobachten, wie eine nicht mehr ganz junge Frau mit einem auffälligen Federhut sich anschickt, die symmetrische Ordnung der Pflanzenkübel vor dem Eingang zu verändern. Wie sich gleich zeigen wird, ist auch sie, eine Frau, zum Vorstellungsgespräch bei André Le Nôtre, dem berühmten Gartenarchitekten des Sonnenkönigs, geladen. Auch das eine Ungeheuerlichkeit, finden die Mitbewerber. Doch nach drei Minuten ist der Frauenspuk schon wieder vorbei. Die Differenzen sind ausgetauscht. Hohe Gartenkunst versus »A Little Chaos«, wie der Film im Original heißt.

Aber es kommt anders. Eine Gärtnerin von Versailles hat es natürlich nie gegeben, aber die kleinen Boskette, Kleinode der Gartenkunst, Störenfriede in der strengen barocken Gartenordnung – die hat es sehr wohl gegeben. Das bis heute einzig erhalten gebliebene Exemplar, der »Ballsaal«, eine Tanzinsel unter freiem Himmel, ist (wenn auch nachgebaut) nun Hauptschauplatz dieses Films. Es soll das Produkt einer Frauenfantasie gewesen sein. Warum nicht.

Der aristokratische Kostümfilm ist eine never ending story der Filmgeschichte, und vielleicht war doch Erich von Stroheim mit seinem Ausstattungswahn und seiner Verschwendungssucht der Einzige, der sich dessen Herausforderungen gewachsen zeigte. Es ist jedenfalls keine gute Idee, dass sich Alan Rickman, Regisseur und Hauptdarsteller, gleich in der ersten Einstellung als – dazu noch allzu britischer – Sonnenkönig präsentiert, nur um die Erzählchronologie sicherzustellen. Hier geht es nämlich vorrangig um die Gartenkunst, die mit den kartesianischen Schöpfungen Le Nôtres eine europaweite stilbildende Wende nahm.

Die zupackende Gärtnerin Sabine De Barra, ein wahrer Störenfried, ist indes eine feministische Wunschfigur des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, die als solche auch die wählerische Kate Winslet begeistern konnte. Die gibt – wie gewohnt – die gestandene Frau, die, ohne mit der Wimper zu zucken, durch den Morast des Versailles'schen Sumpfgeländes stapft. Das Naturkind imponiert nicht nur dem Star­architekten durch seine natürliche und direkte Art, sie wirbelt auch die Hofetikette durcheinander, die Ludwig XIV. beeindruckt über Bord wirft. Der Film »Die Gärtnerin von Versailles« zieht sozusagen alle melodramatischen Register, ohne dass man das alles so ernst nehmen muss. Es ist eine Spielerei, trotz seiner melancholischen Grundstimmung ein Filmspaß, der seine Geschlechtergeplänkel standesgemäß auszuspielen versucht. Für Regisseur Rickman war es nicht mehr und nicht weniger als »das einfache, uralte ›Es war einmal‹« – aber gerade das sollte es ja nicht sein. Dank der unermüdlichen Kate Winslet und des zurückhaltenden Matthias Schoenaerts als Le Nôtre – Figuren von heute – ist doch etwas mehr dabei herausgekommen. Über den Look des Films, nicht der von Ludwig XIV. versprochene Garten Eden auf Erden, sondern ein anbiedernder Vintage Style, wie ihn heute jede Modezeitschrift und jede Balkonfee zu pflegen versucht, muss man kein Wort verlieren.

Meinung zum Thema

Kommentare

Schade, der Kritiker hat den Film nicht verstanden.

Nachdem ich den Film „Die Gärtnerin von Versailles“ gestern gesehen hatte, blieben bei mir doch einige Fragen offen. Ich stimme dem Kritiker zu. Vor allem die in Nahaufnahmen zu erkennenden Polyesterstoffe störten. Die Gartenpflanzen erinnerten an ein Gartencenter. Kate Winslet kann nach meiner Meinung nicht ganz überzeugend eine Gärtnerin darstellen. Die Diskussion um Ordnung in der Landschaft ist nur angerissen. Ein Zusammentreffen mit dem König im Garten eines Gärtners ist so deutlich aus dem Ausstattungsfundus arrangiert, dass es sehr unglaubwürdig wirkt. Die Figurenzeichnung ist eine Projektion, wie man aus heutiger Sicht gerne die damaligen Menschen haben möchte - auch das allzu deutlich. Jedoch war die Eröffnung, dass die Protagonistin sich mit Schuldgefühlen wegen des Todes ihrer Tochter quält, recht authentisch. Der Film ist eine eher im mittleren Qualitätsbereich anzusiedelnde Produktion.

eine harmlose schmonzette!!

Ich danke dem großartigen Alan Rickman das er diesen prächtigen Film gemacht hat. Die historische Genauigkeit nimmt dabei keinerlei Einfluß auf die im Vordergrund stehende Liebesgeschichte. Vorallem : Auf Grund Sprachkultur der damaligen Zeit, geht nicht andauernd um brachialen Sex, flicken und fuck you, wie heutzutage immer mehr in Filmen. Was mitunter zu nerven anfängt. Ich hoffe, das auch in Zukunft Regisseure und Schauspieler keine Angst haben auch den zarten Film zu drehen und zu spielen.

Vielen Dank, ich habe seit langem zarten Film gesucht ohne ständigen sex Szenen

Eine besinnliche und entzückende Geschichte. Man kann einfach genießen und so sollte Film sein.

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