DVD-Tipp: »Deep Sea«

Nach »Monkey King: Hero is back«, der in China zu einem der erfolgreichsten Animationsfilme gehörte, erzählt nun auch der zweite Film von Tian Xiaopeng von einem Kind, das sich aus seelischer Not herausfantasiert. Im Grunde ist es eine ganz einfache Geschichte, wie sie unzählige Kinder auf der ganzen Welt immer wieder schmerzlich erleben: Nach der Trennung ihrer Eltern ist die Mutter aus Shenxius Leben verschwunden und ihr Vater ist mit der neuen Frau und dem gemeinsamen kleinen Jungen beschäftigt. So wie einst Dorothy im Land des Zauberers von Oz oder Alice im Wunderland rutscht nun auch Shenxiu aus der Wirklichkeit an Bord eines Kreuzfahrtschiffes in eine fantastische Parallelwelt. 

Als sie zu Bewusstsein kommt, hängt sie mitten im tosenden Meer an einem gelben Entchen-Rettungsring. Im Innern taucht ein merkwürdiges Wesen auf, das komplett aus schwarzen Nudelschlingen besteht, wie Fleischbälle bewegen sich mehrere große weiße Augenkugeln im Spaghettiknäuel-Körper. Freundschaftlich verspielt, gurrend und blubbernd kuschelt sich das Wesen an Shenxiu. Doch wenn sie Angst bekommt, wird es bedrohlich groß und überwältigend, ähnlich wie das rote Phantom, das ebenfalls in symbiotischer Verbindung mit ihrer Gefühlswelt steht, als materialisiertes Unglück, das sich wie ein schleimig roter Ausschlag andockt, sich einer Depression gleich wie ein Flechtensystem ausbreitet und sie zu ersticken droht.

Ein wenig erinnert das bisweilen an die Filme von Hayao Miyazaki, doch die computer­generierten Bilder sind weniger poetisch fein, eher rauschhaft, mitreißend und immer wieder fast psychedelisch, mit irrwitzigen Formen, in denen farbenprächtige Fische und Quallen zu abstrakten Strudeln werden, mit Anklängen an den Impressionismus von van Gogh und Monet, und immer wieder fransen die Konturen aus, wie die Farben von chinesischen Tuschezeichnungen auf rauem Papier. Es sind im Computer entstandene Bilder, die so noch nie zu sehen waren, immer wieder zum Staunen schön, aber auch so dicht und kurzatmig geschnitten, dass sie überwältigen. 

VÖ: 24. November 2023

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