Disney+: »English Teacher«

»English Teacher« (Serie, 2024). © FX/Disney+

© FX/Disney+

Eine Highschool in Austin, Texas

80er-Pop bringt den Englischlehrer Evan Marquez (Brian Jordan Alvarez) morgens in Schwung; die letzten Arbeiten werden noch beim Frühstück korrigiert und auf der Fahrt zur Schule schwappt der Kaffee aus dem offenen Becher durchs Auto. Schon in den ersten Szenen zeichnet die herrlich komische neue Serie »English Teacher« ein sehr klares Bild ihres Protagonisten: mit Leidenschaft dem Job nachgehend, trotzdem gerne mal für Chaos sorgend und so unverblümt wie unverkennbar schwul.

Letzteres ist an seiner Highschool in einem Vorort von Austin eigentlich kein Problem, schließlich ist Texas nirgends liberaler. Von Evans Lieblingskollegin und bester Freundin Gwen (Stephanie Koenig) über den schamlos als Alpha-Männchen auftretenden Sportlehrer Markie (Sean Patton) bis hin zum unübersehbar ausgelaugten Rektor (Enrico Colantoni) stößt Evan überall auf wohlwollende Unterstützung. Die Schüler*innen lässt seine sexuelle Identität ohnehin ziemlich kalt. Nur eine aufgebracht-homophobe Mutter hat gerade Beschwerde eingereicht, weil er im zurückliegenden Schuljahr auf dem Parkplatz seinen Ex-Freund Malcolm (Jordan Firstman), der damals auch noch als Kollege beschäftigt war, geküsst haben soll.

Der Plot der ersten Folge spielt im weiteren Verlauf von »English Teacher« keine allzu große Rolle mehr, sieht man einmal davon ab, dass Evan just in dem Moment untersagt wird, Kollegen zu daten, als mit Harry (Langston Kerman) ein neuer schwuler Lehrer an die Schule kommt. Aber er ist mitsamt seiner unverhofften Auflösung ein gutes Beispiel dafür, wie diese Serie funktioniert. Denn hier werden in schöner Regelmäßigkeit Themen aufgegriffen, die dieser Tage für viele Kontroversen sorgen, nur um dann ganz anders verhandelt zu werden, als man es vermuten würde. Egal, ob es um Drag Queens in der Schule geht, den Gebrauch von Schusswaffen oder selbstgerechte, reiche Eltern, die glauben, das Bildungssystem aushebeln zu dürfen.

Statt große Reden zu schwingen und die Figuren wichtige Lektionen lernen zu lassen, macht sich »English Teacher« über genau diese Haltung lieber lustig. Viel mehr bekommt hier jeder sein Fett weg, die Lehrkräfte genauso wie die Schüler*innen, egal ob woke oder konservativ. Wenn es etwas gibt, dass das Publikum hier mitnehmen soll, dann vor allem die Erkenntnis, dass die Realität bei all diesen Themen sehr viel komplexer, chaotischer und nicht zuletzt komischer ist als die besten Absichten oder die höchsten moralischen Ideale.

Wie es Hauptdarsteller, Schöpfer und Showrunner Brian Jordan Alvarez mit »English Teacher« gelingt, nicht bloß eine Antwort auf Quinta Brunsons Grundschul-Sitcom »Abbott Elementary« abzuliefern, sondern einen ganz eigenen, ungemein witzigen Tonfall und darüber hinaus glaubwürdige, interessante Figuren zu finden, ist bemerkenswert. Wer den Comedian aus Social Media kennt, weiß um seinen sehr albernen und oft reichlich schrägen Humor. Den kombiniert er hier mit erfreulicher Ehrlichkeit, einer guten Portion Herz und ungenierten Dialogen über Penisgrößen und ähnlichem zu einer Mischung, die aus der viel zu kurzen Serie die wohl amüsanteste neue Sitcom seit langem macht.

OV-Trailer

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