Sky: »Succession« Staffel 4
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Als Jesse Armstrong, Schöpfer und Chefautor von »Succession«, im Februar verlauten ließ, dass die Serie mit der vierten Staffel enden würde, löste das zwei sehr konträre Reaktionen unter den Fans aus. Die einen traf die Nachricht wie ein Schock, die anderen begrüßten sie als überfällig. Die Serie heiße doch schließlich »Succession«, also sei es dringend nötig, dass statt endloser Intrigen zwischen den möglichen Erben von Medienmogul Logan Roy (Brian Cox) die Nachfolge als solche erzählt werde. Aber selbst diejenigen, die dem Ableben des Patriarchen quasi entgegenfieberten, wurden von den ersten Folgen von Staffel vier überrascht. Man hatte damit gerechnet, aber dann doch so bald?
Das Wort, mit der er das Ende der Serie gern beschreiben würde, sei »natürlich«, sagte Armstrong noch gegenüber dem Branchenmagazin »Variety« anlässlich der Premiere im März in New York. »Ich hoffe, dass die Leute, wenn sie diese Staffel sehen, das Gefühl haben werden, dass sie eine natürliche Form hat.« Hinter der bescheidenen Formulierung verbirgt sich der hohe Anspruch, ein Ende zu finden, das die beiden konträren Elemente des Unvorhersehbaren und der Plausibilität verbindet. Ihre »Natürlichkeit« hat die Serie im Übrigen über die drei vorherigen Staffeln hinweg zur Genüge bewiesen.
Von allen Serien, die vom großen Geld und großen Geschäften handeln, ist »Succession« ohne Frage eine der realistischsten. Dass Armstrong selbst mal für ein – nie realisiertes – Drehbuch über die Murdoch-Familie recherchierte, war dem Stoff immer anzumerken, genauso wie die Einflüsse aus den Biografien der Medienunternehmer Robert Maxwell und Sumner Redstone. Als noch wichtiger für die DNS der Serie erwies sich jedoch, dass die Business-Deals, die den ständig schwankenden Boden der Handlung ausmachen, nicht wie bei vergleichbaren Serien aus Kauderwelsch bestanden, sondern erkennbar von Vorgängen inspiriert waren, über die man im »Wall Street Journal« hätte lesen können. Der »Bear Hug«, mit dem Sohn Kendall in der ersten Staffel seinen Vater vom Thron zu stoßen versuchte, der Kauf eines linksliberalen Mediums, mit dem sich Papa Roy in der zweiten Staffel einen Lebenstraum erfüllen wollte, oder auch das Abstoßen ganzer Konzernteile, gegen das sich die Geschwister in der dritten Staffel zur Wehr setzen – hinter all dem stand stets ein sorgfältiges Einpassen von wirklichen Ereignissen in das fiktive Netz der Serie. Nicht alles hätte genau so, wie es in der Serie gezeigt wird, stattfinden können, aber nur wenig erschien direkt unmöglich.
Ähnliches trifft auch auf die Zeichnung der Figuren zu: In der ersten Staffel konnte man die Roys noch als Karikaturen von unsympathischen Versagern abtun. Aber die präzise Schilderung der Familiendynamiken verlieh den eigentlich unausstehlichen Figuren mit jeder Folge mehr Charaktertiefe. Kendall, Roman, Shiv und Connor lächerlich zu finden, mag am Anfang der Serie leicht gewesen sein, zu Beginn der vierten Staffel ist man als Zuschauer fast zu verstrickt, um noch über sie lachen zu können.
Was nicht heißt, dass es nichts mehr zu lachen gäbe. Denn bei allem psychologischen Realismus sind es doch letztlich die übernatürlich scharfzüngigen Dialoge, die man für den ganz großen Erfolg von »Succession« verantwortlich machen kann. Dass Jesse Armstrong bei den Armando-Iannucci-Projekten »Peep Show«, »The Thick of It« und »Veep« schon als Autor mit dabei war, war den Figuren mit ihrem Hang zu ausgeschmückten, vulgären Flüchen stets anzuhören. Für »Succession« verstärkte Armstrong neben den verbalen Tabubrüchen noch ein so subtiles wie eindrückliches Element, das in der vierten Staffel besonders zur Geltung kommt: Beiläufigkeit. Wie anders sollte man etwa die maliziöse Beleidigung beschreiben, mit der Willa als frisch angetraute Roy die vergiftete Gratulation durch Logans dritte Frau Marcia – »Schau, wie weit du es gebracht hast!« – mit einem simplen: »Ja, sieh uns beide an!« pariert.
OV-Trailer
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