Sky: »Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat«
»Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat« (Miniserie, 2023). © Gebrueder Beetz Filmproduktion/Picture Alliance/Associated Press Daniel Ochoa de Olza
Fast vier Jahrzehnte, vom Ende der 30er bis Mitte der 70er Jahre, herrschte Francisco Franco über Spanien. Nach seinem Ableben im November 1975 überführte König Juan Carlos I. die franquistische Diktatur nahezu geräuschlos in eine parlamentarische Monarchie. Wie fragil dieses Staatsgebilde war, zeigt der Umsturzversuch von 1981. Franquistische Militärs wollten die Diktatur wieder herstellen. Im Parlament schossen sie wild um sich. Allein das entschlossene Auftreten des Königs führte zum Scheitern dieses Putsches. Als oberster Chef der spanischen Streitkräfte befahl er in einer legendären TV-Ansprache den Putschisten, in die Kasernen zurückzukehren. Sie gehorchten.
Juan Carlos wurde zum Helden. Weltweit genoss er großes Ansehen. Das änderte sich schlagartig, als er 2012 auf Fotos als Elefantenjäger posierte. Im Zuge einer Korruptionsaffäre dankte er zwei Jahre später ab. Wie kam es dazu, dass dieser glamouröse Bilderbuchmonarch abstürzte, zum Steuerflüchtling wurde und sich 2020 gar wie ein Krimineller ins saudische Exil verkroch?
Diese Thematik, in der sich weltpolitische Aspekte mit Klatsch und Tratsch verbinden, greift die vierteilige Sky-Dokumentation auf. Anne von Petersdorff und Georg Tschurtschenthaler zeichnen den Niedergang des Monarchen nach. Neben ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern, Palast-Insidern und Enthüllungsjournalisten kommt Corinna zu Sayn-Wittgenstein zu Wort. Es war jener dekadente Jagdausflug nach Botswana, der auch Juan Carlos’ geheime Liaison mit seiner blaublütigen deutschen Begleiterin aufdeckte und so das Ansehen des Monarchen noch mehr beschädigte.
Aber Moment mal: Das sind doch eigentlich Geschichten aus jenen Gazetten, die man überfliegt, wenn es beim Friseur oder Zahnarzt länger dauert. Nicht zufällig war in einer dieser Yellow-Press-Magazine zu lesen, ein Agent des spanischen Geheimdiensts habe Corinna gedroht: Sie würde »enden wie Lady Diana«.
Kein Zweifel, es geht um Liebe, Geld, Verrat, so der Zusatztitel der Dokumentation. Klatsch und Tratsch bindet die vierteilige Reihe jedoch in einen größeren Kontext ein. Petersdorff und Tschurtschenthaler erinnern an einen Monarchen, der sein Ansehen in der internationalen Diplomatie einsetzte, um Spanien wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Eine Schlüsselrolle spielte dabei seine enge Beziehung zu Saudi-Arabien. Für Ölgeschäfte, die er einfädelte, kassierte Juan Carlos satte Provisionen. Knapp zwei Milliarden Euro soll er so angehäuft haben.
Hier kommt die deutsche Fürstin ins Spiel. Juan Carlos hatte der Geliebten zahlreiche intime Dokumente zukommen lassen. Eines davon, eine Schenkungsurkunde über 65 Millionen Euro, hält sie nun triumphierend vor die Kamera. Eine royale Liebesgabe? Keineswegs. Die vielstimmig mäandernde Dokureihe verdeutlicht, dass die deutsche Adlige eigentlich als klandestine Treuhänderin fungieren sollte.
Der Monarch wollte die Gelder so stillschweigend am Finanzamt vorbeischmuggeln. Doch Corinna zu Sayn-Wittgenstein spielte nicht mit. Agenten des spanischen Geheimdiensts setzten sie daraufhin unter Druck. Dank zahlreicher kompromittierender Schriftstücke, die sich in ihrem Besitz befinden, behält die Gräfin in diesem spanisch-deutschen Rosenkrieg die Oberhand.
Als Zaungast jener dummen Streiche der Reichen ist der Zuschauer Teil jener Öffentlichkeit, welche die medienerprobte deutsche Fürstin geschickt einsetzt, um ihre Ziele zu erreichen. Im Gegensatz zu den meisten der gegenwärtig gezeigten Filme über die Krönung von König Charles III. ist die von den Gebrüdern Beetz produzierte Dokureihe keine Hofberichterstattung. Sie zeichnet ein durchaus unvorteilhaftes Bild des abgedankten Königs, ohne ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. Mit einer breiten Fülle sehenswerter Archivaufnahmen blickt der Mehrteiler hinter die Kulissen des Palacio de la Zarzuela, von wo aus der hemdsärmelig sich gebende Monarch mit der Harley Davidson zu seiner Geliebten aufbricht. Ein teils humorvoller, teils trauriger Abgesang.
Trailer
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