RTL+: »Love & Death«

»Love & Death« (Serie, 2023). © RTL+

»Love & Death« (Serie, 2023). © RTL+

Küche, Kirche, Mord

»Heute Schlagzeile, morgen ein Fernsehfilm«, lautet 1987 eine Überschrift der »L.A. Times«. Damals produzierten die US-Sender noch wöchentliche TV movies, die mit der Zeit im Kampf um Quoten verstärkt zum Boulevard tendierten. Spektakuläre Kriminalfilme wurden aufgegriffen, Agenten waren darauf spezialisiert, entsprechende Rechte zu ergattern. So produzierte jede der drei großen Senderketten einen TV-Film über Amy Fisher, die als Minderjährige auf die Ehefrau ihres älteren Liebhabers geschossen hatte.

Reportage- und Dokumentarformate haben die TV-Filme über reale Verbrechen abgelöst, als Mehrteiler treten sie noch auf. Der Kriminalfall um Candy Montgomery wurde mit der HBO-Max-Produktion »Love & Death« bereits zum dritten Mal umgesetzt. Das Drehbuch schrieb David E. Kelley, auch Produzent der sieben Teile.

In Kelleys Version ist Candy Montgomery, vortrefflich gespielt von Elizabeth Olsen, eine Hausfrau wie aus einem Reklamefilm der Fünfzigerjahre. Verheiratet, zwei Kinder, adrettes Eigenheim, begeisterte Köchin, aktives Mitglied der methodistischen Gemeinde. Alles perfekt so weit, aber im vertrauten Gespräch mit ihrer besten Freundin Sherry Cleckler fragt Montgomery: »Wo ist die Belohnung?«

Ihr steht der Sinn nach einer Affäre. Unverblümt spricht sie das Gemeindemitglied Allan Gore an und bekennt, sich zu ihm hingezogen zu füllen. Gore, überrumpelt: »Oh. Okay. . .« Auch Allan ist verheiratet, seine Frau erwartet ein Kind, ist gereizt, neigt zu Depressionen. Er zögert, verabredet sich aber mit Montgomery zu »Planungssitzungen«. Sie wägen das Für und Wider ab, schwören einander auf absolute Geheimhaltung ein und versprechen sich, dass es bei gelegentlichen sexuellen Begegnungen bleiben soll. Ohne emotionale Bindung.

Montgomery kann dem gemütlichen Gore noch einiges beibringen. Der Beischlaf verläuft zur beiderseitigen Zufriedenheit und wird zur Regel. Doch dann wird die Tochter der Gores geboren, Allan und seine Frau Betty nehmen an einer Eheberatung teil, erneuern ihr Gelöbnis. Regisseurin Lesli Linka Glatter schneidet auf die bis dahin stets kontrollierte und kühl planende Montgomery, die wütend den Fleischwolf kurbelt. Ein nicht sehr subtiler Vorgriff auf das Kommende: Betty Gore stirbt unter 41 Axthieben.

Candy Montgomery gerät unter Verdacht, es kommt zum Prozess. Damit ist David E. Kelley in seinem Element. Der gelernte Anwalt kam 1986 als Seiteneinsteiger zur TV-Serie »L.A. Law« und machte sich schnell einen Namen als Schöpfer von Qualitätsproduktionen wie »Picket Fences«, »Boston Public«, »Ally McBeal« und »Boston Legal«. Er schrieb zumeist im Alleingang, mit einer unverkennbaren Handschrift. Mittlerweile agiert er eher als Dienstleister, adaptiert Romane oder, wie im Fall von »Love & Death«, Sachbücher. Häufig arbeitet er in letzter Zeit, auch hier, mit Nicole Kidman und ihrer Firma Blossom Films zusammen. Das Ergebnis sind gehobene Routineproduktionen. Aber der eigenwillige Stil des »TV super producer« (USA Today) und seine Stammthemen sind mittlerweile nur noch in Nuancen zu erkennen.

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