Netflix: »Totenfrau«

»Totenfrau« (Serie, 2023). © Netflix

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Von wegen Almen ohne Sünde

Thriller, Krimis und andere spannende Geschichten vor Alpenkulisse gibt es inzwischen viele, und die Bandbreite reicht dabei von Hochglanz-Soaps à la »Kitz« über Komödiantisches wie »Tschugger« bis hin zur aussichtslosen Düsternis von »Der Pass«. Irgendwo in der Mitte dieses Dreiecks liegt nun – am Rande eines Skigebiets nicht allzu weit von Innsbruck – die sechsteilige Serie »Totenfrau«, und das sowohl visuell wie auch vom Tonfall. Was in etwa bedeutet, dass man eben noch darüber lacht, wie hier einer Leiche die Füße abgeschnitten werden, weil sonst der Sarg zu kurz wäre, und im nächsten Moment kaum mit ansehen mag, wie mal wieder junge Osteuropäerinnen zum Spielball fieser Sadisten und Sexualstraftäter werden. Aber der Reihe nach.

Gleich zu Beginn dieser Koproduktion des ORF und Netflix, die auf dem gleichnamigen Roman von Bernhard Aichner basiert, muss die Bestattungsunternehmerin Brünhilde Blum (Anna Maria Mühe), die von allen nur bei ihrem Nachnamen genannt wird, in den Tiroler Bergen mitansehen, wie ihr Polizisten-Ehemann von einem Auto überfahren wird. Er stirbt in ihren Armen, der Fahrer flüchtet. Ein Unfall? Eher nicht, wie sich herausstellt, als Blum auf eigene Faust zu ermitteln beginnt. Bald stößt sie auf einen weitreichenden, erschütternden Fall, in den eben nicht nur Frauen aus den angrenzenden Nachbarländern, sondern vor allem gleich mehrere alteingesessene örtliche Strippenzieher verwickelt sind.

Die furchtlose Witwe mit dem ausgefallenen Job, die auf dem Motorrad ihres Mannes durchs Bergpanorama rast, ohne Rücksicht auf Verluste auf Rache sinnt und einen Täter nach dem anderen zur Rechenschaft ziehen möchte, ist eine bemerkenswerte Protagonistin. Gerade in deutschsprachigen Serien sieht man ansonsten viel zu selten (Anti-)Heldinnen beim moralischen Balanceakt. Frauen, die einerseits Hass, Wut und anderen emotionalen Abgründen den dringend nötigen Raum geben und andererseits trotzdem liebende Mütter sind, die sich kümmern, wenn etwa die Tochter in der Schule ihrerseits Trauer in Aggression verwandelt. Anna Maria Mühe jedenfalls spielt diese für sie ungewohnte Rolle sehenswert tough und ausgesprochen glaubwürdig.

Doch so überzeugend Mühe und der Rest des Ensembles (darunter Felix Klare, Simon Schwarz, Gregor Bloéb sowie Yousef Sweid als Blums Mitarbeiter, der einst als Geflüchteter nach Österreich kam) auch auftreten, so sehr hätte man sich gewünscht, dass die von Nicolai Rohde inszenierte, etwas zu lang ausgedehnte und dabei oft recht erwartbare Geschichte an anderen Stellen stärker aufdrehen würde. Mehr Spannung, vor allem mehr schwarzer Humor (der unter anderem dann ins Spiel kommt, wenn Blum sich mit den Leichen auf ihrem Tisch unterhält) oder auch mehr spezifisches Tiroler Lokalkolorit hätten aus »Totenfrau« eine noch bessere, weil ungewöhnlichere und mutigere Serie gemacht. So bleibt sie gut gemachte, kurzweilige Unterhaltung, die mit ihrer besonderen Hauptfigur nie ganz mithalten kann.

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