DVD-Tipp: »Juniper«
»Give me my gin, you little shit!«, herrscht die an den Rollstuhl gefesselte Großmutter ihren Enkel an, der gerade versucht hat, die Karaffe mit ihrem Drink zu verwässern. Wenn ein verstockter Teenager und eine grantige alte Dame im Rollstuhl sich auf den ersten Blick nicht leiden können, kann das nach den Regeln des filmischen Erzählens nur heißen, dass sie viel voneinander lernen können. So wie einst der ruppige Rassist, den Clint Eastwood in »Gran Torino« spielte, schreit nun auch die unerschrockene Kriegsfotografin und entschiedene Alkoholikerin Ruth förmlich danach, dass ihr hartes Herz erweicht wird, sie ihren Frieden mit der Familie machen und unterwegs einem jungen Menschen helfen kann. Denn auch der von George Ferrier in seiner ersten Hauptrolle verkörperte Sam ist störrisch und widerspenstig, in seinem Ringen mit dem frühen Tod seiner Mutter.
Dass die vorhersehbare Konstruktion des Debütfilms von Matthew J. Saville feinen Charme und subversiven Humor entwickelt und dabei gefühlsvoll ist, ohne sentimental zu werden, hat viel mit der Schönheit der neuseeländischen Landschaft zu tun. Und noch mehr mit Charlotte Rampling, die hinter ihrem rauen Panzer einen weichen, lebensklugen Kern schillern lässt, wenn sie Sam und seine Freunde zur Gartenarbeit verpflichtet, im Handel gegen eine Party mit grenzenlosem Alkohol, wenn sie sich gegen einen Katheder entscheidet, weil man ja nie weiß, was nach ein paar Gläschen mit einem Fremden passieren könnte und wenn sie sich zum Abschied keinen Sonnenuntergang, sondern einen Sonnenaufgang wünscht.
VÖ: 29. September 2022
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