Apple TV+: »The Morning Show« Staffel 3
»The Morning Show« (Staffel 3, 2023). © AppleTV+
Als am 1. November 2019 das Streamingportal Apple TV+ seine Tore öffnete, gehörte »The Morning Show« zu den Prestigeserien, über die sich die Kritik hämisch hermachte: zu glatt, zu glossy, zu teuer, der Inbegriff von fehlgeleitetem Ehrgeiz, der durch »Tech« ersetzen will, was einst von guter alter künstlerischen Inspiration gesteuert wurde. Überhaupt schätzte man die Zukunft für Apples Streamingdienst düster ein. Klar, der Großkonzern könne sich teure Produktionen leisten, aber ob je etwas von Wert dabei herauskommen würde, galt als unsicher. Dann kam »Ted Lasso« und die Meinung zu den Eigenprodukten von Apple TV+ drehte sich. Heute steht das Label eher als Garant für Qualitätsware da, mit Miniserien wie »Bad Sisters«, »Severance«, »Pachinko« oder »Slow Horses«. »For All Mankind«, ebenfalls November 2019 gestartet, gilt mittlerweile als übersehene Perle. Nur »The Morning Show« wird nach wie vor eher bespöttelt als belobt, wie sich jetzt zu Beginn der dritten Staffel erneut zeigt.
Die ungnädige Aufnahme auf Seite der Medien mag einiges damit zu tun haben, dass »The Morning Show« selbst von Medien handelt. Dass das Morgen-Fernsehen im Zentrum der Serie ein »unernstes« Nachrichtengenre ist, verschärft das Problem. Kann man über das Business des Infotainment anders als in Form einer Soap Opera erzählen? Dass es die Macher der »Morning Show« versucht haben, erregt offenbar besonderen Anstoß. Die schwierige #Metoo-Geschichte, von der die erste Staffel handelte, mit Steve Carrell als dem übergriffigen Moderator, zeichnete sich durch eine Differenziertheit aus, die bei diesem Thema selten ist. Die zweite Staffel machte unter anderem den Umgang der Medien mit Covid zum Thema, und auch dabei zeigte sich die Serie auf überraschende und interessante Weise sperrig.
Nun greift die dritte Staffel erneut fast unangenehm aktuelle Themen auf: Unter anderem steht nach Misserfolgen im Streamingbusiness die Zukunft des fiktiven Senders UBA auf dem Spiel. Cory (Billy Crudup) versucht verzweifelt Geld aufzutreiben und eventuell einen Verkauf an einen von Jon Hamm verkörperten Tech-Tycoon einzufädeln. Alex (Jennifer Aniston) will ihren Einfluss hinter den Kulissen vergrößern, während Bradley (Reese Witherspoon) nach wie vor darum kämpft, auch Ungefälliges auf Sendung zu bringen – was sie, wir sind eben doch in einer Soap, auf mehr als eine Weise in die Ereignisse des 6. Januar 2021 verwickelt.
Gleich die ersten Folgen wecken unangenehme Assoziationen an reale Ereignisse wie das Schicksal der »Titan«- Kapsel: Moderatorin Alex soll in einem Space Shuttle der Jon Hamm-Firma ins All fliegen, kriegt aber kalte Füße. Während der Liveübertragung geht die Verbindung zum Shuttle verloren. Was haben wir uns bloß dabei gedacht, das senden zu wollen? – scheint sich die Crew der Morning Show zu fragen, als Gefahr besteht, dass mit dem Shuttle etwas passiert sein könnte. Mit fiktiven Formaten kann es ähnlich sein, auch da ist die Wirkung des Gesendeten nicht immer abzuschätzen.
OV-Trailer
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