Mediathek: »Das Seil«
© Les Films de l'Instant/G.Chekaiban
Es muss nicht immer der große Kulissenzauber sein. Im Gegenteil: Wenn sich Fernsehschaffende an den Monumentalproduktionen des Kinos orientieren, geht der Pomp oft auf Kosten der Erzählintensität.
Die französischen Serienschöpfer Eric Forestier und Dominique Rocher halten es eher schlicht. Beginnend bereits mit der Exposition, die dem Roman »Das Seil« von Stefan aus dem Siepen entnommen wurde. Ein Stab von Wissenschaftlern und Technikern hat hoch im Norden Norwegens fernab der Zivilisation eine Forschungsstation bezogen, um die elektronischen Ohren nach einem bislang nur hypothetischen Weltraumphänomen auszustrecken. Zwar wurde gerade die Finanzierung verlängert, trotzdem stehen die Forscherinnen und Forscher unter Druck. Auch wird ihre weitere Karriere davon abhängen, ob sie fündig werden oder nicht.
Bei einem Spaziergang entdeckt einer von ihnen das Endstück eines Seils, das in den Wald hineinführt. Erst herrscht Verwunderung, keiner kann sich erklären, wer das Tau dort ausgelegt hat. Dann keimt Neugier auf. Und wächst. Ein Grüppchen beschließt, einen Ausflug zu unternehmen und dem seltsamen Seil zu folgen. Doch es will kein Ende nehmen. Mehrfach wird beraten, ob man umkehren soll. Aber vielleicht wartet das Seilende schon hinter der nächsten Eiche? Immer wieder wird die Wanderung verlängert, schließlich verbringen sie sogar die Nacht in der Wildnis. Und marschieren am anderen Morgen wieder weiter.
Eine der treibenden Kräfte ist Sophie Rauk (Jeanne Balibar). Sie ist unheilbar krebskrank, was sie den Kolleginnen und Kollegen trotz kaum noch zu verbergender Hinfälligkeit verschwiegen hat. Jetzt aber scheint es ihr stündlich besser zu gehen. Hat der Strick heilende Wirkung? Wohl nicht für jedermann, denn unterwegs stoßen sie auf skelettierte Leichen, die vom Seil an einem Baum festgehalten werden. Die Zurückgebliebenen im Observatorium sind beunruhigt. Die Behörden werden informiert, eine Suchmannschaft schwärmt aus. Erfolglos.
Obendrein scheiterte das lange herbeigesehnte Astroexperiment. Die Belegschaft ist frustriert. Agnès Mueller (Suzanne Clément) hatte die Abwesenheit ihres Mannes Bernhardt (Richard Sammel) wonniglich ausgenutzt, um sich ihrem Liebhaber hinzugeben. Nun aber wächst ihre Sorge. Immer wieder verlangt sie verzweifelt, dass man doch nur dem Seil folgen müsse. Schließlich macht sie sich allein auf den Weg. Trotz ihrer Blindheit.
Ein Waldgebiet, eine Sternwarte, ein Stück Seil, gute Schauspieler. Mehr braucht es nicht, um eine Serie zu gestalten, die in fast tragikomischer Tonalität zwischen wissenschaftlicher Ratio und einer symbolgeladenen Unwirklichkeit pendelt. Man sollte nicht zu viel verraten, aber zumindest dies: Außer in Frankreich und Belgien wurde in Marokko gedreht. Woran sich schon ablesen lässt, dass bei aller Bescheidenheit dieser Arte-Eigenproduktion mit allerlei Überraschungen gerechnet werden darf.
OV-Trailer
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