DVD-Tipp: »Die Spionin«

© Capelight Pictures

Heldin oder Kollaborateurin?

Norwegen ist zu Beginn der 1940er Jahre von Nazideutschland besetzt. Die erfolgreiche norwegische Schauspielerin Sonja Wigert dreht trotzdem Filme. Dabei gibt sie sich bewusst unpolitisch, verschließt die Augen davor, dass ihr Lieblingsregisseur mit den deutschen Besatzern paktiert. Vor allem im benachbarten Schweden ist sie ein Filmstar. Davon hat auch Goebbels erfahren, dessen Vorliebe für Schauspielerinnen bekannt und berüchtigt ist. Der Reichskommissar für Norwegen, Josef Terboven (Alexander Scheer), will vor Goebbels selber mit Sonja Wigert angeben und lädt die Schauspielerin zu einem Abendessen in Anwesenheit des Propagandaministers ein. Aber Sonja Wigert brüskiert die Deutschen und bleibt in Stockholm. Terboven rächt sich und lässt ihren Vater, einen überzeugten Gegner der Nazis, verhaften. Erst jetzt ist Sonja Wigert bereit, ein Angebot des schwedischen Geheimdienstes anzunehmen und zur Spionin zu werden. 

»Die Spionin« ist ein im besten Sinne altmodischer, glamourös ausgestatteter und gefilmter Historien- und Spionagefilm mit einer schönen, verführerischen Frau, fiesen Nazis, schmierigen Spionen und eiskalten Geheimdienstlern auf allen Seiten. Dabei legt der schwedische Regisseur Jens Jonsson bewusst keinen Wert auf übliche Verfolgungsjagden, Schießereien, Thrill oder expliziten Sex. Er erzählt ziemlich realistisch, was geschieht, wenn eine Amateurin wie Sonja Wigert plötzlich auch gegen ihren Willen spionieren und verführen muss. Man sympathisiert durchaus mit der weiblichen Hauptfigur – die von Ingrid Bolsø Berdal sehr überzeugend, auch vielschichtig und vielsprachig verkörpert wird. 

Ein wenig bedauerlich ist nur, dass bei dieser größtenteils authentischen Geschichte einiges nicht auserzählt wird. So taucht der von Alexander Scheer manchmal aalglatte, mal grausame, dann auch wieder fast zartfühlende Kriegsverbrecher Terboven ab der Hälfte des Films überhaupt nicht mehr auf, und es bleibt unscharf, mit welchen Gefühlen Sonja Wigert mit ihm auch eine Affäre einging. Noch interessanter wäre aber gewesen, auch die Geschichte einer Schauspielerin zu erzählen, die nach dem Krieg als Kollaborateurin galt und erst lange nach ihrem Tod rehabilitiert wurde. 




VÖ: 22. Juli 2022 (digital bereits seit 14.7.)

Bestellmöglichkeit (DVD/Blu-ray)

 

 

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