Buch-Tipp: Claudia Lenssen/Maike Mia Höhne – Kino, Festival, Archiv
Wer den kürzlich in den Kinos gezeigten Dokumentarfilm Komm mit mir in das Cinema. Die Gregors mit Interesse gesehen hat, kann seine Kenntnisse über die Arbeit der beiden – ihre Verdienste um die Filmkultur, nicht nur in Berlin – mit diesem Buch erweitern. Einige Beschreibungen und Anekdoten doppeln sich, aber es bleibt noch genug übrig. Wer wusste, dass epd Film-Autor Dietrich Kuhlbrodt in dieselbe Schulklasse ging wie Ulrich Gregor oder warum Helke Sanders Film »BeFreier und Befreite« nicht im »Forums«-Programm lief? Wir erfahren, warum Aki Kaurismäki bei der Berlinale dem »Forum« die Treue hielt, warum Andrei Tarkowski trotz Einladung nicht zur Eröffnung der Berlinale kam, aber auch über die Probleme mit den Berlinale-Leitern Alfred Bauer und Moritz de Hadeln, wobei sich Urich Gregor bei Letzterem diplomatisch aus der Affäre zieht mit dem Satz »es gab diverse Manöver, über die man hier nicht berichten kann«.
Erika Gregor dagegen gerät mehrfach in Konflikt mit der »Obrigkeit« in Gestalt von Kulturpolitikern, besonders prägnant ihr Zusammenstoß mit dem damaligen Kuratoriumvorsitzenden der Berliner Festspiel GmbH im Forums-Kino »Delphi« und die Frage, wer hier der Hausherr sei.
Wir erfahren, dass sie die Einnahmen aus den frühen Kinovorführungen der »Freunde der Deutschen Kinemathek« in der Akademie der Künste in ihrer Handtasche nach Hause transportierte und dass Ulrich Gregor unter Pseudonym in der DDR-Zeitschrift »Deutsche Filmkunst« publizierte. Grenzen habe es für sie nie gegeben, auch wenn sowjetische Funktionäre ihnen ungelittene Filme vorenthalten wollten, hätten sie es mit Hilfe persönlicher Kontakte und mit Beharrlichkeit meistens geschafft, diese zu bekommen. Für die Wichtigkeit persönlicher Kontakte und Freundschaften bietet das Buch viele Beispiele – fragt sich, ob das in Zeiten von Zoom-Konferenzen langsam verschwinden wird. Ergänzt werden die Gespräche mit den Gregors durch Äußerungen von Freunden und ehemaligen Mitarbeitern, Zitaten aus Publikationen des »Arsenal«- Kinos und sehr häufig aus den unveröffentlichten Erinnerungen des langjährigen Geschäftsführers Heiner Roß.
Claudia Lenssen/Maike Mia Höhne: Kino, Festival, Archiv. Die Kunst, für gute Filme zu kämpfen. Erika und Ulrich Gregor in Gesprächen und Zeitzeugnissen. Schüren Verlag, Marburg 2022. 244 S., 34 €.
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