Apple TV+: »Roar«
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Was wäre, wenn? Wenn eine unzufriedene Ehefrau den Ehemann wie einen Einkaufsgegenstand umtauschen könnte? Wenn eine erfolgreiche Autorin für ihre Gesprächspartner plötzlich unsichtbar wäre? Wenn eine Frau einer Ente begegnet, die sprechen kann? Das sind nur drei der Prämissen in den insgesamt acht Geschichten, aus denen die Anthologieserie »Roar« besteht. Allesamt basieren auf Kurzgeschichten der Erfolgsautorin Cecelia Ahern und arbeiten mit den verschiedensten Genremotiven, wobei das Genre des Phantastischen gleich fünfmal vertreten ist – man darf sich durchaus an die klassische Fernsehserie »The Twilight Zone« erinnert fühlen, die ebenfalls mit kleinen Verschiebungen arbeitete.
So kommt in der ersten Geschichte »The Woman Who Disappeared« eine junge schwarze Autorin nach Los Angeles, eingeladen von einem Studio, um über die Verfilmung ihres Romanerfolges zu sprechen. Wanda ist allerdings irritiert, als sie hören muss, dass kein Film geplant sei, sondern eine »VR-experience«. Virtual Reality sei »the next big thing«, das Publikum soll sich die entsprechenden Brillen auf- und sich damit in Wanda hineinversetzen. Als sie dazu den Studiovertretern eine Frage stellt, scheint niemand sie zu hören. Nach dem dritten Versuch begreift Wanda: keiner sieht und hört sie mehr. Das setzt sich später mit anderen Personen fort – eine kleine Verschiebung im Alltag, die einen großen Unterschied bewirkt.
Weniger bitter als vielmehr leichtfüßig ist der ironische Tonfall in der fünften Episode, »The Woman Who Was Fed by a Duck«, in der eine einsame Frau, auf einer Parkbank sitzend, einem sprechenden Enterich begegnet. Den nimmt sie beim nächsten Wiedersehen mit nach Hause – der Anfang einer sich zunehmend verkomplizierenden Beziehung.
Die dritte Episode, »The Woman Who Was Kept on a Shelf«, dagegen setzt auf Satire und bedient sich dazu der Übertreibung: in seinem ausladenden Arbeitszimmer errichtet ein Ehemann eine geräumige Ablage – nicht für Bücher, sondern für seine Frau, die dort sitzen soll, um ihn mit ihrer Präsenz bei seiner Arbeit zu beflügeln. Und in der siebten Episode, »The Woman Who Returned Her Husband«, macht eine aus Indien stammende Frau genau das, nach 37 Ehejahren. Im Großmarkt gibt es eine eigene Abteilung dafür, allerdings hält es die Sechzigjährige mit den beiden Nachfolgern auch nicht allzu lange aus.
Beim Horrorfilm bedient sich die vierte Episode, »The Woman Who Found Bitemarks on Her Skin«: als eine erfolgreiche schwarze Geschäftsfrau (Cynthia Erivo) nach der Geburt ihres zweiten Kindes an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, muss sie immer größere Wundmale an ihrem Körper entdecken. In der sechsten Episode, »The Woman Who Solved Her Own Murder«, ist ein Mordopfer plötzlich wieder lebendig, aber für ihre Umwelt so wenig sichtbar wie die Protagonistin in der ersten Episode, während Nicole Kidman (die auch zu den executive producers der Reihe gehört) in der zweiten Episode, »The Woman Who Ate Photographs«, ihre an Alzheimer leidende Mutter (Judy Davis) zu ihrer eigenen Familie holt, damit aber auch die Geister der Vergangenheit heraufbeschwört. Die finale Episode, »The Girl Who Loved Horses«, ist die einzige, die nicht in der Gegenwart, sondern im Wilden Westen spielt, wo ein native american girl sich mit Hilfe einer Freundin zu behaupten lernt, ohne dabei die Werte der Männerwelt zu akzeptieren. Acht nachdenkenswerte kleine Geschichten, deren Auflösungen allerdings nicht immer halten, was die Prämissen versprachen. Von den Regisseurinnen ist mir nur die Koreanerin So Yong Kim bekannt, die mit ihren ersten Spielfilmen »In Between Days« und »For Ellen« im »Forum«-Programm der Berlinale vertreten war.
OV-Trailer
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