Buch-Tipp: Ralf Forster, Jeanpaul Goergen: Heimatkino auf Ouaphan

Einwickeln oder Abspulen?

Wenn man sich vergegenwärtigt, was in letzter Zeit an Formaten für den Einsatz im Heimkino angeboten wurde, kommt man schnell ins Schwimmen. Sonys Betamax konkurrierte gegen Video2000 von Philips, das bildtechnisch schlechte VHS-System setzte sich durch, aus der Laserdisc, der Bildplatte, entwickelte man die CD-ROM, daraus die DVD und Blu-ray bis hin zur UHD Blu-ray. Es ist interessant, dass der Heimkinomarkt schon immer, auch zu Zelluloid-Zeiten, von solcher Vielfalt gekennzeichnet war – obwohl doch das 35-mm-Kinoformat aufgrund seiner internationalen Austauschbarkeit immer gleichblieb. Es gab 9,5 mm-Filme (Pathé KOK), 17,5 mm (das deutsche Ernemann und Pathé), 28 mm (Pathé Rural), später 16 mm, Normal 8 und dann Super 8. Dazu brauchte es auch »nur« 6 Jahrzehnte. 

Einer der Gründe für die Einführung immer neuer Formate war sicherlich das Bemühen, für den Einsatz zu Hause Kosten zu sparen. Damit kommt ein Material ins Spiel, das im Rahmen einer französisch-deutschen Zusammenarbeit entstand: Ozaphan. Die Basis dieses Filmmaterials, das zu Beginn der 30er auf den deutschen Markt kam, war Zellophan, das durchsichtige Material, mit dem man heute noch Gegenstände einwickelt. Ozaphan war nur zum Abspiel geeignet, nicht zur Aufnahme, die Belichtung des Materials erfolgte nicht über Silberkristalle, sondern durch ein der Lichtpause ähnliches Verfahren. Sein Vorteil bestand im deutlich günstigeren Preis gegenüber herkömmlichem Sicherheitsfilm, wenn der Heimkinofan auch eine schlechtere Bildqualität in Kauf nehmen musste. 

Sicherlich spielte der Ozaphan-Film nur eine bescheidene Episode im seit den dreißiger Jahren boomenden Heimkinogeschehen. Die Film- und Technikhistoriker Ralf Forster und Jeanpaul Goergen stellen in »Heimkino auf Ozaphan« nicht nur erschöpfend die Genese dieses Materials vor, sondern gerade auch die Inhalte, die meist aus in sich geschlossenen Zusammenfassungen längerer Werke beruhten und Genres wie Märchen-, Kultur- und Sportfilme umfassten. Seit 1935 gab es in den Katalogen die Rubrik »Nationale Filme«, spätestens der Kriegsausbruch führte zu einer »stärkeren politisch-propagandistischen Ausrichtung des Programms«. Es finden sich nun Rubriken wie »Deutschlands Größe in Gegenwart und Vergangenheit« oder »Unser Führer Adolf Hitler«. Ein Propagandainstrument für zu Hause waren auch die Ozaphan-Monatsschauen.

Schon 1940/41 mussten die Kalle-Werke in Wiesbaden die Herstellung aufgrund des Mangels an Zellophan die Produktion einstellen. Erst 1949 konnte dann wieder ein neuer Katalog vorgestellt werden. Aber auch das blieb ein Intermezzo für ein Jahrzehnt.

 


Ralf Forster, Jeanpaul Goergen: Heimkino auf Ozaphan: Mediengeschichte eines vergessenen Filmmaterials. Cinegraph/Babelsberg, Berlin 2020. 168 S., 16€ .

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