Robert De Niro: Hat er’s noch drauf?
»The Comedian« (2016). © Warner Bros. Pictures
Für einen dritten Oscar hat es diesmal nicht gereicht, aber Robert De Niro in Martin Scorseses »The Irishman« zu sehen, gehörte schon zu den positiven Erlebnissen des vergangenen Kinojahres. Zumal für jemanden, dessen Liebe zum Kino in den Siebzigern nicht zuletzt durch Filme wie »Taxi Driver« geprägt wurde. Und der sich in den letzten Jahren immer wieder die Frage stellte, warum ein so talentierter Darsteller jetzt vorwiegend in seichten Komödien oder durchschnittlichen Actionfilmen auftritt.
Mit verbesserten Neuausgaben älterer Filme kann man den Glanz vergangener Zeiten beschwören, mit neuen Filmen, die es nicht in die hiesigen Kinos schafften, Risiken eingehen. Zum Beispiel mit dem Boxerfilm »Hands of Stone – Fäuste aus Stein« von Jonathan Jakubowicz: Keine Konkurrenz für »Wie ein wilder Stier«, aber De Niro spielt hier auch keinen Boxer, sondern den Trainer Ray Arcel, eine reale Figur, genauso wie der Boxer Roberto Durán, der sich aus den Slums von Panama hocharbeitet, aber durch sein erratisches Verhalten auch tief fällt. Edgar Ramirez (Carlos) stattet ihn mit dem nötigen Aufstiegswillen und damit einhergehender Arroganz aus. In den Interviews kommt De Niro allerdings nicht zu Wort.
Anders als diese Home-Entertainment-Premiere hatte »The Comedian – Wer zuletzt lacht« einen kleinen Kinoeinsatz in Deutschland. Die DVD/ Blu-ray ist entsprechend: ohne Menü, ohne Untertitel – ein Novum für die Veröffentlichung durch einen US-Major. Die Story des alternden Stand-up-Comedian, der sich auf der Bühne für keine Obszönität zu schade ist, wirkt oft wie die Zuspitzung von Peinlichkeiten der späten Karriere De Niros, in manchen Momenten allerdings auch als deren Kritik. Das prominente Ensemble, das Regisseur Taylor Hackford und Produzent Art Linson vor der Kamera versammelt haben, kann seine Talente nur bedingt ausspielen.
Also doch lieber die Klassiker erneut ansehen? Wie es der Zufall will, entstanden die vier Filme zwischen 1978 und 1982 unmittelbar hintereinander. Michael Ciminos »Die durch die Hölle gehen« bewegt noch heute als Epos mit einem minimalistisch agierenden De Niro. Den Film gab es hierzulande schon in den verschiedensten Ausgaben mit gutem Bonusmaterial; die jüngste präsentiert ihn erstmals als 4K-Abtastung und bietet unter den umfangreichen Extras (nur auf der Blu-ray) neben dem Audiokommentar von Cimino auch einen neuen des Kameramannes Vilmos Zsigmond; die fünf Dokumentationen summieren sich auf knapp 100 Minuten.
Vor 39 Jahren ein Kinoflop, ist »Wie ein wilder Stier« längst ein Klassiker. Natürlich ist De Niros Boxer Jake LaMotta keiner, den man lieben kann, aber schon die Creditsequenz mit den Zeitlupenaufnahmen eines Boxers allein im Ring, unterlegt mit klassischer Musik, gehört zu jenen Filmmomenten, die man nie vergisst. Mit drei Audiokommentaren, in denen gleich 14 am Film Beteiligte zu Wort kommen (überwiegend separat aufgenommen) sowie 116 Minuten an Dokumentationen ist das eine unbedingt zu empfehlende Ausgabe.
In derselben Reihe der »Filmconfect Essentials« ist auch als deutsche Blu-ray-Erstveröffentlichung »King of Comedy« erschienen – mit einem ganz anderen De Niro, der als kleiner Angestellter von einer TV-Karriere träumt und einiges an (krimineller) Energie daransetzt, um zu seinem Idol Jerry Langford (Jerry Lewis) vorzudringen. Seinerzeit von den meisten Scorsese/De Niro-Fans wenig geschätzt, erweist sich der Film heute als missing link zwischen »Taxi Driver« und »Joker«: Neben 40 Minuten deleted & extended scenes weiß nicht zuletzt ein ebenso langes Interview (2014) von Robert Fischer mit der Cutterin Thelma Schoonmaker zu gefallen.
Zwischen diesen beiden Scorsese-Filmen drehte De Niro »True Confessions – Fesseln der Macht«, der damals in Deutschland gleich als Videopremiere erschien. Basierend auf einem Roman von John Gregory Dunne erzählt er einen Kriminalfall aus dem Los Angeles der späten Vierzigerjahre, für den der »Blue Dahlia«-Mord Pate stand, so wie De Niros Figur eines katholischen Würdenträgers ebenfalls ein reales Vorbild hat. Die eigentliche Hauptfigur ist der von Robert Duvall verkörperte Polizist, der entdecken muss, dass sein ehrgeiziger Bruder mit einem einflussreichen Bauunternehmer Geschäfte macht. Anders als der impulsive Polizist bewahrt der Geistliche stets die Ruhe. Regisseur Ulu Grosbard erzählt die Geschichte in verhaltenem Tempo und mit viel Gespür für die Zeit. Eine erfreuliche Ausgrabung, deren Booklet über die Hintergründe aufklärt.
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